


07 | 07 | 2017 | Schweiz | Praxis | ![]() | ![]() |
07 | 07 | 2017 | Schweiz | Praxis |
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In der heutigen Zeit etwas Neues zu bringen, ist wirklich nicht einfach. Gerade bei der Fischerei. Und doch gibts immer wieder Ideen, die überzeugen. Wie diese: Mit dem E-Bike zu den schönsten Berggewässern des Valposchiavo fahren, um dort mit der Fliege zu fischen. «Petri-Heil» war bei der «E-Jungfernfahrt» dabei.
Flavio Lardi vom Fischerhotel «La Romantica» in Le Prese / GR machte mir die Idee, mit E-Bikes in den Bergen zu fischen, folgendermassen schmackhaft: «Wir fahren mit E-Bikes ins Hochgebirge, wo wir Berggewässer befischen – Bergseen und -flüsse – teilweise auf 2600 Meter über Meer. Unberührt und wahrscheinlich völlig alleine.» Mal ehrlich: Wenn Sie so ein Angebot erhielten: Würden Sie ablehnen? Eben – tat ich auch nicht.
Als nicht sonderlich (eigentlich gänzlich un-)trainierter Velofahrer sah ich die Sache mit den «paar Höhenmetern» auf dem Velo locker, da man ja Unterstützung hat von einem Elektromotor, wenns bergauf geht. Aber eben: Ich sass bisher noch nie auf einem E-Bike...
Mit von der Partie bei unserer Jungfernfahrt waren am ersten Tag Fabrizio Sala und Michele Iseppi (beide vom Vorstand des Fischereivereins Poschiavo), Flavio Lardi, Inhaber des Hotels La Romantica und Entwickler dieser Idee. Und dann noch der Schreibende.
Schon beim Gepäck machten sich erste Unterschiede bemerkbar: Während die drei Kollegen ein Rutenrohr dabei hatten, das sie am Rucksack oder am Velo befestigten, hatte ich neben meinem Rucksack noch zusätzlich die Fototasche. Und das Fliegenfischer-Gilet, und die beiden Ruten im Ruten-Transportrohr. Und damit wollte ich nun ab in die Berge.
Eine Viertelstunde später dann ist meine Ausrüstung auf (prall gefüllten) Rucksack und Doppelrutenrohr geschrumpft. Wenigstens etwas!
Mit dem Postauto fahren wir ein paar Kilometer und absolvieren so die ersten Höhenmeter, bis wir am Fusse des Weges zum Lago di Val Viola ankommen. Von da an gehts dann nur noch per Velo weiter.
Die ersten Meter auf dem E-Bike sorgen für Entzückung: Mit einem Wahnsinns-Tempo radeln wir bergauf. Nur ein bisschen in die Pedale getreten, und schon wird die Kraft spürbar erhöht. Nur: das «nur ein bisschen in die Pedale getreten» wird mit der Zeit doch recht anstrengend!
Kaum zwanzig Minuten nach dem Aussteigen aus dem Postauto werden die Velohelme ausgezogen und die Ruten bereit gemacht – der erste, schnell fliessende Bergfluss will befischt werden! Während Flavio mit der Tenkara-Rute sein Glück versucht, werfen Fabrizio und Michele mit der Fliegenrute ihre Trockene bzw. Nymphe ins glasklare, sauerstoffreiche Bergwasser.
Biss! Wenig später löst Michele seinen ersten Fisch – eine kleine, aber wunderschön gezeichnete Bachforelle – vom Haken. «Zu klein», ist sein Urteil, und so lässt er sie wieder schwimmen.
Nach etwa eineinhalb Stunden Bergauf-Fahrt mit dem E-Bike kommen wir an unserm eigentlichen Ziel an: Am Lago di Val Viola. Mir verschlägst fast den Atem: Schneebedeckte Gipfel, die sich im schnapsklaren, blaugrün schimmernden Wasser spiegeln, überall Fische, die Insekten von der Oberfläche schlürfen. So muss der Fischerhimmel aussehen!
Beim ansonsten recht ruhigen Quartett wirds nun hastig: Niemand will Zeit vergeuden, wenn man fischen kann!
Waren beim Gebirgsfluss vorhin noch kurze, exakte Würfe trumpf, kommt hier der Doppelzug zum Einsatz – es müssen Meter gemacht werden! Boshafterweise scheint uns, als ob die Fische immer zwei Meter weiter aussen steigen als wir unsere Fliegen zu platzieren imstande sind.
Aber es nützt nichts: Flavio kriegt sie doch! Nach ein paar Minuten plätschert das Wasser, und eine Fario wehrt sich heftig an der Oberfläche, peitscht das Wasser auf. Erfolgreich: Noch bevor sie behändigt werden kann, löst sie sich vom Haken und sucht das Weite.
Noch zwei Mal wiederholt sich das so, bevor wir dann wieder ins Tal fahren.
Nach einer kurzen Nacht (es tummeln sich im Hotel La Romantica viele interessante Fischer, und da kommt man zuweilen halt erst spät zur Ruhe) und gut gestärkt durch einen reichhaltigen Zmorgä gehts am nächsten Morgen bei schönstem Wetter weiter. Heute steht der Lago Bianco auf dem Programm, sowie der noch teilweise gefrorene Lago di Minor auf über 2600 Meter Höhe. Fabrizio kann nicht mehr mit dabei sein, seinen Platz nimmt Vito Crameri ein, seit einem Jahr der neue Präsident des Fischereivereins Poschiavo.
Während wir gestern den Trip mit dem Postauto begannen, besteigen wir nun den Zug, mit dem es über kurvige Schienenstrecken durch atemberaubendes Panorama auf etwas über 2500 Meter über Meer geht. Die Baumgrenze ist schon weit hinter uns, als wir die Velos entladen und uns auf die fahrtechnisch anspruchsvollere Aufgabe wagen, zum Lago di Minor zu kommen.
Kleine Trampelpfade werden unter die grobstolligen E-Bike-Räder genommen, immer wieder müssen wir absteigen und die Velos durch kleine Schneefelder schieben, welche die Wege bedecken und versperren. Und dann, wieder verschlägt es mir fast den Atem, liegt er vor uns, zu gut drei Vierteln noch von Eis bedeckt: Der Lago di Minor, ein echter Hochgebirgssee.
Nachdem uns Vito Sonnencrème mit Schutzfaktor 50 verteilt hat (danke!), gehts wieder los: Ruten zusammenstecken, Fliegen auswählen, und ab mit dem Köder aufs und ins Wasser.
Vito fischt mit einem Streamer, dem er zwei Nymphen vorschaltet. Und hat damit auch ziemlich schnell Erfolg: Zwei Rotgetupfte kann er innert kurzer Zeit verhaften, lässt sie aber auch gleich wieder gehen – die geforderten 24 Zentimeter sind nicht erreicht. Die Trockenfliege hingegen bringt keinen Biss.
Dass es auch grössere Fische als die beiden gibt, die Vito gefangen hat, wissen die Einheimischen genau: «Es gibt hier einen wunderschönen Namaycush, den ich schon seit 15 Jahren zu fangen versuche», erklärt mir Vito. Na denn: Weiterhin viel Glück bei deinem Vorhaben!
Da wir noch weitere Stationen auf dem Programm haben, können wir nicht noch länger fischen, sondern müssen wieder aufbrechen. Schliesslich wartet noch ein weiterer See und ein schönes Fliessgewässer mit Gletschergarten auf uns!
Nach einer wiederum recht anspruchsvollen Abfahrt über Stock und Stein kommen wir wenig später am Lago Bianco an, einem hellblau schimmernden Stausee. Vom Veloweg sehen wir, wie die Forellen steigen. Vollbremse, die Bikes an die Felswand gelehnt und ab in die Tiefe, über Schottersteine und raus mit der Fliege!
Vito und ich sind nicht zu halten, Flavio und Michele entscheiden sich jedoch, weiter talwärts bei der Staumauer ihr Glück zu versuchen.
Während wir unsere Trockenen aufs Wasser setzen, befinden wir uns augenblicklich innerhalb eines Schwarms aus tausenden von schwarzen Eintagsfliegen. Aus irgend einem Grund sehen diese uns als Landeplatz, und so sind wir bald übersät mit schwarzen Fliegen. Lästig wirds erst, wenn sie versuchen, in die Ohren oder die Nase zu fliegen...
Sowohl Vito als auch ich können Bisse von stattlichen Forellen verzeichnen, in regelmässigen Abständen steigen die Salmoniden, vielfach gleich zwei Mal hintereinander, ohne wirklich abzutauchen.
Als «Flachländer» merke ich die Höhe, und so bin ich froh, dass wir nach einer kurzen, aber nicht minder anstrengenden Passage mit dem E-Bike wieder eine kurze Rast einlegen. Dann gehts weiter; auf dem steilen Veloweg donnern wir Richtung Tal, sind froh um die gut gefederten Gabeln und vor allem die Scheibenbremsen unserer High-Tech-Velos.
Die nächste Station bildet der Fluss Cavagliasch, wo wieder Flavios Tenkara-Rute zum Einsatz kommt. Und wie! Innert weniger Meter fängt er gleich mehrere Forellen, die seine Rehhaar-Sedge schnappen.
Wenige dutzend Meter unterhalb der Stelle, wo wir fischen, befindet sich der Gletschergarten, der grösste in ganz Europa. Eindrücklich, diese kreisrunden Gletschermühlen, die ins Gestein gefräst sind, und wunderschön, wie das Wasser sich von der einen in die nächste Gletschermühle stürzt! Übrigens, so versichert mir Flavio, seien dort in diesen Strudeln auch Forellen drin...
In zwei Tagen haben wir im Quartett mehrere hundert Höhenmeter überwunden mit unsern E-Bikes, durften herrliche Aussichten geniessen, anstrengende Aufstiege und rasante Abfahrten. Vor allem aber haben wir eine sensationelle Fischerei in hoch gelegenen Berggewässern erlebt. Haben Forellen fangen können in einer Umgebung, die eigentlich ins Fotoalbum gehört. Inmitten blühender Alpenblumen und in bester Luft. Fischerherz – was willst du mehr?
Das Drei-Tages-Angebot ab CHF 399.– pro Person beinhaltet:
Weitere Informationen bei:
Flavio und Sandra Lardi
Hotel La Romantica
7746 Le Prese /Valposchiavo
Tel. 081 844 03 83
www.laromantica.ch
welcome@laromantica.ch
Der E-Bike Spezialist im Valposchiavo:
Balzarolo Universo Bike
Tel. 081 844 10 42
www.balzarolo.ch
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