08 | 11 | 2020 | Diverses | 1 | 8921 |
08 | 11 | 2020 | Diverses |
1 8921 |
Der Aal Krimi
Der Aal ist eines der rätselhaftesten Tiere der Welt. Wir wissen zwar einiges über ihn, aber längst nicht alles. Und nun droht das Verschwinden der Aale.
Einer der ersten, der sich des Aals annahm, war der griechische Philosoph und Wissenschaftler Aristoteles. Im vierten Jahrhundert vor Christus hielt er auf Grund seiner Beobachtungen fest, dass der Aal aus dem Schlamm geboren werde. Im alten Ägypten glaubte man, der Aal entstehe aus dem Nichts, wenn sich das Wasser des Nils erwärme. Auch im Mittelalter hielten sich viele Mythen und Sagen um den schlangenförmigen Fisch. So zum Beispiel, dass sich die Aale mit Schlangen paaren. Und wer einer Kuh einen Aalschwanz zum Fressen gab, durfte auf bessere Milcherträge zählen.
1876 unternahm der junge Sigmund Freud im Rahmen eines Stipendiums Untersuchungen an Aal-Hoden. Er sezierte an der zoologischen Versuchsstation in Triest vierhundert Aale – und fand nichts. Weder männliche noch weibliche Geschlechtsorgane konnte er nachweisen. Nach diesem Misserfolg wandte er sich in Wien der Psychoanalyse zu und wurde zum weltberühmten Theoretiker.
Geburtsort
Mit Bestimmtheit wissen wir inzwischen, dass die Geburt des Aals in der Sargassosee erfolgt. Sie liegt nordöstlich von Kuba und den Bahamas und östlich der amerikanischen Küste. Fünf Millionen Quadratkilometer gross, tiefblaues Wasser und bis zu siebentausend Meter tief. Riesige Teppiche von Braunalgen bieten Schutz für wirbellose Tiere, Fische, Garnelen, Krabben usw.
Hier also laichen die Aale. Im Schutz tiefster Dunkelheit legen und befruchten sie ihre Eier. Daraus schlüpfen kleine, larvenartige Wesen mit einem kleinen Kopf, die Leptocephalus-Larven. Flach und fast durchsichtig und nur einige Millimeter lang ähneln sie einem Weidenblatt.
Erst in den 1920er-Jahren gelang dem dänischen Forscher Johannes Schmidt nach jahrelangem Suchen kreuz und quer durch den Atlantik der Beweis, dass die kleinsten Leptocephalus-Larven in der Sargassosee vorkommen. Der Geburtsort war gefunden, aber noch immer hat bis heute kein Mensch ihre Hochzeit oder das Schlüpfen des Nachwuchses beobachtet.
Erste Verwandlung
Das durchsichtige «Weidenblatt» beginnt sofort seine Reise im Golfstrom. Wie von Geisterhand geleitet, treibt und schwimmt es Tausende Kilometer über den Atlantik bis an die europäischen Küsten. Das kann bis zu drei Jahren dauern, dabei wächst der Jungaal einige Millimeter. Und nun verwandelt sich das «Weidenblatt» in einen Glasaal, ebenfalls fast durchsichtig. Sechs, sieben Zentimeter lang, schmal und zerbrechlich und völlig schutzlos.
In manchen Küstenregionen gelten die Glasaale als Delikatesse, sodass sie tonnenweise gefangen werden.
Die erste Katastrophe für den Aal und seinen Fortbestand. Die Überlebenden wandern die Flüsse hinauf und müssen sich dem Süsswasser anpassen.
Zweite Verwandlung
In dieser zweiten Metamorphose wird der Körper schlangenhaft und muskulöse, dünne Flossen entstehen an der Unter- und Oberseite. Nun nennen wir ihn Gelbaal, seine Haut färbt sich braun, gelb und grau. Es wachsen kleine Schuppen, die man von Auge kaum sieht, die den Gelbaal stark und zäh machen.
In seinem dritten Stadium schwimmt er die Flüsse hinauf und in deren Seitengewässer. Weder reissende Strömungen, noch trübe Seen können ihn aufhalten. Wenn es nicht anders geht, schlängelt er sich durch feuchtes Unterholz oder durch nasse Wiesen, bis er das nächste Gewässer erreicht. Nach Hunderten von Kilometern entscheidet er plötzlich, dass er angekommen ist! Das kann in einem Bach, Teich oder See sein. Schlammigen Boden bevorzugt er, gerne versteckt er sich aber auch in Löchern oder unter Steinen.
Hat der Gelbaal ein Zuhause mit ausreichendem Nahrungsangebot gefunden, bleibt er als Einzelgänger mehrere Jahre. Vorwiegend nachts verlässt er sein Versteck und frisst, was er findet: Würmer, Frösche, Schnecken, Insekten, Krebse, Fische, ja auch kleine Mäuse oder Vögel. Auch Aas verschmäht er nicht, was viel zur Legendenbildung beigetragen hat und auch zum Einzug in die Literatur (zum Beispiel im Roman «Die Blechtrommel» von Günter Grass).
Aber immer noch wissen wir nicht, warum der Aal wie lange am selben Ort verbringt. Nach fünfzehn oder auch dreissig Jahren beschliesst er, sich fortzupflanzen und beginnt seine beschwerliche Reise zurück an seinen Geburtsort in der Sargassosee!
In Gefangenschaft lebende Gelbaale, denen die Rückkehr in die Sargassosee verwehrt ist, können über hundert Jahre alt werden!
Dritte Verwandlung
Der Rücken färbt sich schwarz, die Flanken silbrig, der Gelbaal wird zum Blankaal. Er zieht in den Atlantik und dort unaufhaltsam Richtung Westen. Die Flossen sind grösser und kräftiger geworden, damit er schneller schwimmen kann. Sein Magen löst sich auf, er bezieht seine Energie fortan aus den Fettreserven. Und als Höhepunkte der dritten Metamorphose bilden sich die Geschlechtsorgane: Milch oder Rogen entwickeln sich. Bis zu fünfzig Kilometer pro Tag legt er jetzt zurück. Die Reise kann mehrere Monate dauern. Manchmal überwintert er irgendwo und erreicht die Sargassosee erst nach einem Jahr, wir wissen nicht warum. Endlich angelangt, werden die Eier unter wogenden Teppichen von Seegras und Tang befruchtet. Damit ist sein Lebenszyklus vollendet – der Aal stirbt.
Vom Aussterben bedroht?
Der Schwede Patrick Svensson beschreibt das rätselhafte Leben des Aals in seinem meisterhaften Buch «Das Evangelium der Aale». Poetisch und spannend entwirft er eine Natur- und Kulturgeschichte dieses geheimnisvollen Fischs. Zum Aalsterben hält er fest: «Eines wissen wir, der Mensch ist schuld. Alle Erklärungen, die von der Wissenschaft bisher gefunden wurden, hängen auf irgendeine Weise mit menschlichem Handeln zusammen.» Damit meint er die Erkenntnis, dass der Aal heute häufiger krank wird. Virenerkrankungen befallen nahezu die Hälfte aller Aale!
Und Svensson fährt fort: «Weil der Aal so lange lebt und in der Nahrungskette weit oben steht, ist er besonders anfällig für viele der Schadstoffe, die Industrie und Landwirtschaft ausstossen. Aale, die durch Krankheiten und Parasiten oder Umweltgifte geschwächt sind und deshalb langsamer und näher an der Wasseroberfläche schwimmen, sind eine leichtere Beute für Kormorane und andere Räuber.»
Auch der Klimawandel ist eine wesentliche Ursache dafür, dass die Anzahl Glasaale, die bis an die europäischen Küsten gelangen, in den letzten Jahren massiv gesunken ist. Das bedeutet, dass die extrem komplizierte und empfindliche Migration und Fortpflanzung des Aals, die während Millionen von Jahren erfolgreich war, innerhalb weniger Jahrzehnte grundlegend geschädigt worden ist.
Und natürlich sind da die vielen Hindernisse, die der Mensch der Aalwanderung in den Weg stellt. Staudämme und Schleusen verhindern den Aufstieg der Fische. Und die Kraftwerkturbinen töten jedes Jahr geschätzte zwei Drittel der absteigenden Aale.
Zu guter Letzt kommt die menschliche Gier in Form der Berufsfischerei. Weil der Aal in vielen Ländern Europas sowie in Japan (konsumiert 70% der Aale) ein beliebter Speisefisch ist, sind die Aalbestände in aller Welt durch Überfischung bedroht.
Düstere Prognose
In der Schweiz ist Aal als Speisefisch kaum verkäuflich und landete früher sogar im Schweinetrog, während er bei unsern Nachbarn in Deutschland, Frankreich und Italien hoch begehrt ist und in vielen Regionen als wichtige Spezialität gilt. Klassische Beispiele dafür sind Räucheraal und Hamburger Aalsuppe, die matelote im ländlichen Frankreich oder bisato in umido in Norditalien.
Die Schweiz ist leider ein lehrreiches Beispiel dafür, wie Wanderfische auf menschgemachte Veränderungen reagieren. Bevor Rhein, Rhone und Ticino von Wasserkraftwerken und ihren Wehren verbarrikadiert wurden, erreichten Millionen von Wanderfischen unser Land und bereicherten den Speisezettel: Lachse, Meerforellen, Maifische, Neunaugen, Störe und Aale. Heute blockieren Dutzende von Kraftwerkswehren die grosse Hochzeitsreise vom Meer in die Alpen. Das ist nicht nur ein ökologischer, sondern auch ein wirtschaftlicher und kultureller Verlust für die Schweiz!
Erst 2018, nach jahrelangem Palaver, beschloss die EU ein Aalfangverbot in allen Mitgliedstaaten, auch im Mittelmeer und an der Atlantikküste. Allerdings nur für drei Monate im Jahr und es schliesst den Glasaal nicht mit ein.
Svensson kommt zum Schluss: «So stirbt der Aal weiter, während die Entscheidungen darüber, was zu tun wäre, um das zu verhindern, immer wieder verschoben werden. Bis wir mehr wissen. Oder bis es nichts mehr zu wissen gibt.»
«DAS EVANGELIUM DER AALE»
In seinem aussergewöhnlichen Buch verwebt der Schwede Patrik Svensson die Geschichte der Aalforschung mit persönlichen Erinnerungen. Er nimmt den Leser mit in die Tiefen des Atlantiks auf den Spuren eines der rätselhaftesten Tiere der Welt. Aber auch zum Aalfang mit seinem Vater. «Das Evangelium der Aale» ist nicht nur eine spannende Fischkunde, sondern auch eine zweifache Liebeserklärung – an den Aal und an seinen Vater.
Hanser Verlag,
ISBN 978-3-446-26584-4,
fester Einband, 256 Seiten,
ca. CHF 28.–
franz heger
hallo
ist doch normal ganz einfach
5 jahre jede art von aalbrut fangen verbieten
und zwar mit saftigen Geldbussen von minimum
50 000 euro und lebenslanges fangverbot
stärkste kontrollen und ohne ausnahme alles zur anzeige bringen
nur härteste strafen werden es eventuell was bewirken
es kann doch nicht angehen das dieser herrliche fisch von uns ausgerottet wird
franz heger
fische seit 70 jahren und weis wovon ich rede