


16 | 05 | 2025 | Reisen | ![]() | ![]() |
16 | 05 | 2025 | Reisen |
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Michel Utz ist mit der Angelrute in Südamerika unterwegs. In einer kleinen Serie berichtet er uns von seinen Erlebnissen in den Weiten Argentiniens und Chiles.
An vielen Stellen ist der Rio Gallegos ein schmaler Bach – und hier sollen Forellen bis 15 kg schwimmen? Unglaublich, aber der Rio Gallegos zählt zu den besten Meerforellenflüssen der Welt und bringt jedes Jahr unglaubliche Fische hervor. Und im Unterschied zum Rio Grande, weiter südlich, gibt es hier mehr öffentlich zugängliche Stellen.
Also schnell die Lizenz kaufen und los gehts! Doch «schnell» geht es in Südamerika meistens nicht. Die Provinz bietet eine Lizenz an, die man online kaufen kann – doch zahlen kann man nur per Banküberweisung. Die angegebenen Informationen sind für eine Schweizer Bank nicht ausreichend und somit ist das Vorgehen für uns Ausländer ohne argentinisches Bankkonto fast unmöglich. Nach einigen frustrierenden Nachfragen bei Touristeninformationen reicht es uns, und wir fahren direkt auf das Amt in der Provinzhauptstadt. Es folgt die übliche Diskussion: Warum wir das Geld nicht überweisen könnten. Als wir die Beamten endlich von der Unmöglichkeit überzeugt haben, eskortiert uns der Chef persönlich in einer Art James-Bond-Verfolgungsjagd zur Bank. Dort zahlen wir unser gesamtes Bargeld auf das Konto der Behörde ein. Am nächsten Tag gehen wir zurück zum Amt und erhalten tatsächlich unsere Lizenzen. Endlich hält uns nichts mehr auf!
Zu Beginn entscheiden wir uns für einen Abschnitt oberhalb des von der Tide beeinflussten Bereichs. Bereits in der ersten Stunde sehen wir ein Dutzend Meerforellen aufsteigen – das gibt Mut! Leider beissen nur kleine «Residents», also stationäre Forellen, die anadromen Plateados (Meerforellen) bleiben uns verwehrt. Wir fischen mit der Fliege und mit 7,5 cm langen Löffeln. Besonders gespannt sind wir auf die Fliegenauswahl, die uns für den Gallegos empfohlen wurde: Woolly Bugger, Prince- und Pheasant-Tail-Nymphen – alle mit Gummibeinchen. Offenbar haben die Forellen hier ein Faible für wacklige Beinaktion.
Wir beschliessen, es bei einem bekannten Zugang, dem Wasserturm weiter flussaufwärts, zu versuchen. Hier sehen wir keine aufsteigenden Forellen mehr. Ein gutes Zeichen? Vielleicht halten sie sich hier länger auf, während sie unten nur durchziehen? Wir probieren verschiedene Spot-Typen aus: Rauschen, langsame Läufe, unterspülte Ufer – alles ohne Erfolg. Aber selbst die teuren Lodges stromaufwärts berichten im Internet von wenigen Bissen pro Tag. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als weiter Strecke zu machen.
Wir kommen zu einer vielversprechenden Stelle: Eine Verengung des Flusses in Kombination mit einem Wanderhindernis. Es ist ein kleiner, tiefer, langsamer Lauf unterhalb einer Rausche mit schützenden überhängenden Büschen. Und tatsächlich! Mänu bekommt einen Hammerbiss. Die starke Forelle zieht in die versunkenen Äste – und kann sich dort lösen. Schade, aber auch ein gutes Zeichen!
Am nächsten Tag kann ich an einem grossen Lauf eine kleinere Meerforelle fangen. Kurz darauf stehen wir wieder an der Stelle, wo Mänu die Forelle verloren hatte. Und wieder beisst eine – dieses Mal bei mir! Nach einem intensiven Kampf können wir das Monster landen. Es ist surreal, diesen grossen Fisch an dem kleinen Bach in den Händen zu halten.
Jetzt möchte Mänu auch eine, und die Zeit zerrinnt. Ich erinnere mich an einen vielversprechenden Spot, den ich bei einer Erkundungstour gefunden habe, aufgrund starken Windes bisher jedoch nicht befischen konnte. Wir beschliessen, dort den letzten Versuch zu unternehmen. Und genau hier bekommen wir Biss auf Biss, und Mänu kann seine Grossforelle fangen!
Nach Gesprächen mit anderen Fischern wird uns klar, dass unser Erfolg aussergewöhnlich ist. Die Saison scheint verspätet in Gang zu kommen, und selbst in den Lodges ist die Anzahl bisher gefangener Fische überschaubar. Wir fühlen uns grossartig!
In guter Laune verlassen wir den Unterlauf, obwohl eine ideale Tide gemeldet ist und der aktuelle Regen den Wasserstand erhöhen würde. Aber Mänu muss bald auf seinen Rückflug, und wir wollen noch weiter flussaufwärts fischen. An dem Ort, wo der Gallegos durch den Zusammenfluss zweier Bäche entsteht, machen wir die letzten Würfe. Wir erwarten nur kleine Bachforellen, da die Meerforellen wohl noch nicht so weit oben im System angekommen sind. Aber plötzlich hängt ein Riesenfisch!
Ist das wohl eine Resident oder eine Meerforelle, die früh oben angekommen ist? Sie ist nicht silbern, sondern erinnert von den Farben her an eine typische Bachforelle. Uns ist es egal – in unseren Köpfen haben wir den Rio Gallegos bezwungen. Auch wenn die legendären 15-kg-Forellen von uns ungestört den Fluss hochwandern konnten, sind wir mit unserem Abenteuer mehr als zufrieden.
Bei meiner Rückkehr einen Monat später, dieses Mal ausschliesslich mit der Fliege fischend, konnte ich dann in höherer Kadenz Meerforellen auf selbstgebundene Fliegen fangen. Dieses Mal schienen sich aber kleinere Exemplare um die 55 cm im unteren Teil des Systems aufzuhalten. Doch jede Meerforelle ist bei dieser nicht ganz einfachen Fischerei ein Erfolg und entschädigt für so manchen Windknoten im Vorfach.
Für das Fischen in Patagonien gibt es sehr ausführliche Regulatorien bezüglich der erlaubten Techniken, der Entnahme von Fischen und des Desinfizierens von Angelgeräten. Die Auflistung davon würde den Rahmen sprengen, besonders da sich die Regeln in Argentinien und Chile sowie in den einzelnen Provinzen unterscheiden. Wenn Du nach Patagonien reist, kannst Du Dich gerne bei mir melden und ich werde Dir eine Übersicht und die entsprechenden Links zukommen lassen.
Instagram: @alpinecapitalfishing oder @swissfishingcouple
> Teil 1 | Die Magie des Limay
> Teil 2 | Ein Hauch Down Under
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