Fliegenfischen – eine Liebeserklärung
26 | 04 | 2024 PraxisText & Fotos: Bastian Bodyl 02948
26 | 04 | 2024 Praxis
Text & Fotos: Bastian Bodyl 0 2948

Fliegenfischen – eine Liebeserklärung

Bastian Bodyl erzählt, weshalb das Fliegenfischen seine grösste Leidenschaft ist und warum es sich lohnt, besser heute als morgen­ damit anzufangen.


Die Sonne ist gerade aufgegangen und lässt die letzten Nebelfetzen verschwinden. Ich bin im Morgengrauen aufgestanden und nun schon am Fluss – genau zum richtigen Zeitpunkt, denn die ersten Maifliegen sind bereits aktiv und die Forellen steigen.

In etwa so stellt man sich den perfekten Start in den Fliegenfischertag vor. Fliegenfischen hat etwas Mystisches. Eine kleine, feine Fliege, fast ohne Gewicht, wird mit ruhigen, rhythmischen Bewegungen zum Fisch gebracht. Die Bewegungen der Wurfschnur in der Luft ergeben spektakuläre Fotomotive und geben dem Fliegenfischen etwas «Erhabenes».


Eine Methode für alle Situationen und Gewässer

Böse Zungen hingegen sagen: Fliegenfischen ist die schönste Art, nichts zu fangen! Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Für mich ist Fliegenfischen aber vor allem eins: die perfekte Methode, um Forellen zu fangen. Also ideal hier im Forellenland Schweiz. Ich kann mit einer einzigen Rute Trockenfliegen, Nymphen und Streamer fischen und mich so auf praktisch jede Situation am Wasser einstellen. Dazu brauche ich nur wenig Material. Das Nötigste passt in einen kleinen Rucksack. Wenn man minimalistisch unterwegs ist, reicht auch eine Fliegenfischerweste. Fliegenfischen funktioniert sowohl am See als auch am Fluss oder Bach. Daher bin ich kaum noch ohne Fliegenrute am Wasser.

 Egal ob mit Nymphe, Streamer oder Trockenfliege; die Bachforelle ist die wichtigste Beute beim Fliegenfischen.

Egal ob mit Nymphe, Streamer oder Trockenfliege; die Bachforelle ist die wichtigste Beute beim Fliegenfischen.


Ein Kurs lohnt sich

Zunächst eine Entwarnung, falls Du Fliegenfischen immer als etwas Exklusives und Elitäres betrachtet hast. Fliegenfischen ist lernbar! Innerhalb von nur einem Tag kannst Du bereits ordentlich fischen. Die Ausrüstung ist auch nicht besonders teuer. Solide Einsteigersets kosten in etwa gleich viel wie eine gute Spinnfischerausrüstung. Bevor Du jetzt aber direkt in den nächsten Fischerladen rennst und Dir eine Fliegenrute kaufst, lohnt es sich, zuerst einen Kurs zu besuchen, wo das Material zur Verfügung gestellt wird. Dort kannst Du die richtige Technik erlernen, denn eine gute Wurftechnik ist das A und O beim Fliegenfischen. Hier lohnt es sich, zu investieren, aus eigener Erfahrung weiss ich, dass Wurffehler nur schwer wieder abzutrainieren sind. Guidings kann ich in diesem Zusammenhang stark empfehlen. Ein Tag ist gut, zwei Tage sind besser. Im schlimmsten Fall hast Du etwas Geld in den Sand gesetzt, hast aber kein Material, das im Keller verstaubt.


Rekordwürfe sind nur selten möglich – und auch nicht nötig

Beim Fliegenfischen sind wir limitiert, was die Wurfweite angeht. Ja, es gibt extreme Weitwürfe. Diese sind meistens jedoch nur unter «Laborbedingungen» möglich. Fliegenfischen spielt sich grösstenteils innerhalb von 20 Metern ab. Mehr ist oft nicht nötig und auch nicht wirklich praktisch. Das bedeutet aber auch, dass Du näher zum Fisch musst. Waten ist beim Fliegenfischen daher üblich. Man kann aber auch gut vom Boot aus mit der Fliege fischen. Es gibt diverse Wurf- und Schnurführungstechniken, die einen Fang in praktisch jeder Situation möglich machen.

 Mit einer gut gefüllten Fliegenbox ist man für alle Situationen gewappnet.

Mit einer gut gefüllten Fliegenbox ist man für alle Situationen gewappnet.


Nach dem Wurf ist nicht Schluss

Beim Fliegenfischen kann man den Köder im Wasser aktiv beeinflussen. Dies ist sonst nur bei wenigen anderen Techniken – wenn überhaupt – möglich. Geübte Fliegenfischer können die Trockenfliege noch während der Drift nach links oder rechts bewegen oder die Lauftiefe der Nymphe beeinflussen. Die Drift ist übrigens die Zeit, in welcher die Fliege in der Strömung treibt. Also von Ende Wurf bis zum Wiederaufnehmen der Schnur. Das Beeinflussen der Wurfschnur auf dem Wasser wird «Line Management» genannt und ist ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als das Werfen. Auch das Line Management ist nichts, wovor sich Neueinsteiger zu fürchten brauchen. Die Grundlagen sind innerhalb eines Einsteigertages lernbar.


Effektives «Euronymphing»

Ein eigenes Fliegenfischerkapitel sind «Tight Line Techiken», auch bekannt als Euronymphing. Diese Techniken haben sich aus dem Wettkampffischen entwickelt und ermöglichen ein extrem effektives Fischen. Man spürt die Nymphe oder den Streamer direkt im Wasser und kann bei einem Biss sofort reagieren. Dies ist eine sehr spannende und effektive Art der Fischerei und in Fliessgewässern vielen anderen Techniken überlegen. Die Methode ist übrigens so effektiv, dass sie für viele Puristen gar nicht erst zum Fliegenfischen gezählt wird.

 Alles richtig gemacht – jetzt bloss nicht ausschlitzen lassen!

Alles richtig gemacht – jetzt bloss nicht ausschlitzen lassen!


Es muss nicht unbedingt die Forelle sein

Beim Fliegenfischen hat man nie ausgelernt. Ich fische zwar schon seit fünf Jahren mit der Fliege, würde aber nicht sagen, dass ich auch nur ansatzweise ausgelernt habe. Wichtig ist eine gute Grundlage, der Rest kommt mit der Zeit. Beim Fliegenfischen ist man auch nicht nur auf das Forellenfischen am Fluss begrenzt. Auch am See oder Meer kann man bestens mit der Fliege fischen. Es gibt kaum eine Fischart, die man nicht mit dieser Technik fangen kann. Sei es auf Meerforellen in der Ostsee, Hechte im nächsten Weiher, Zander im Fluss, Lachse in Alaska, Bonefish im Golf von Mexiko, Giant Trevally (GT) auf den Seychellen oder Peacock Bass im Amazonas.


Marke Eigenbau gefällig?

Was ebenfalls schön ist am Fliegenfischen: Vieles, das man für diese Art der Fischerei benötigt, kann selbst hergestellt werden. Das beginnt bei den Fliegen, geht aber bis hin zur selbst gebauten Rute. Zum Fliegenbinden benötigt man einen Bindestock, einen Haken und ein paar Federn und Garn und schon kann man seinen eigenen Köder herstellen. Bei Gummifischen ist die Hürde beispielsweise deutlich höher. Natürlich kann man sich aber auch das ganze Material kaufen – je nach Lust und Möglichkeiten.

 Nicht nur die Köder – sogar die Ruten kann man handwerklich herstellen.

Nicht nur die Köder – sogar die Ruten kann man handwerklich herstellen.


Worauf wartest Du noch?

Was ist also Dein nächster Schritt, wenn Du ins Fliegen­fischen eintauchen möchtest? Genau, Du buchst Dir ein Guiding oder besuchst einen Anfängerkurs! Du kannst Dich aber auch einfach einem Fischerkollegen, der bereits mit der Fliege fischt, anschliessen. Die meisten Fliegenfischer haben genug Ausrüstung für eine kleine Reisegruppe und zeigen gerne, wie ihr Hobby funktioniert. Falls Du noch nicht ganz überzeugt bist oder lieber erst mal etwas mehr zum Fliegenfischen lesen möchtest, dann wartet im nächsten «Petri-Heil» mehr zur Ausrüstung auf Dich. In den nachfolgenden «Petri-Heil»-Ausgaben wirst Du zudem weitere Artikel rund um den Einstieg ins Fliegenfischen vorfinden.

 

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