


25 | 07 | 2025 | Schweiz | Praxis | ![]() | ![]() |
25 | 07 | 2025 | Schweiz | Praxis |
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Housi Schwab stellt das Fliegenfischen an Bergseen vor. Für Anfänger und alle, die sich schon lange mal an diese schöne Fischerei wagen wollten, aber noch einen Motivationsschub brauchen.
Du stehst mit der Spinnrute an einem glasklaren Bergsee – und die Salmoniden ignorieren Deine Lieblingsköder. Dabei sind schöne Fische zu beobachten und die Oberfläche ist voller Steigringe. Ein klarer Fall für die Fliegenrute! Du denkst jetzt vielleicht, Fliegenfischen sei schwierig und aufwendig? Glaub mir: Das Gegenteil ist der Fall. Ein leichtes Fliegenrüetli mit Rolle, Schnur, Vorfach und ein paar Kunstfliegen tragen sich problemlos bis zum höchst gelegenen Bergsee.
Etwas Fitness gehört dazu, damit aus der Tour keine Tortur wird – auch wenn viele Seen bequem mit der Bergbahn erreichbar sind. Für den Einstieg in das Fliegenfischen empfehle ich einen Wurfkurs und ein paar Übungsstunden mit einem erfahrenen Werfer. Er erkennt typische Anfängerfehler und hilft Dir, sie von Anfang an zu vermeiden. Denn einmal falsch Gelerntes ist später schwer zu korrigieren.
Üben kannst Du fast überall: auf einer Wiese oder am Wasser. Am besten mit einem Wollfaden oder einer hakenlosen Fliege, um Bewegungsabläufe zu verinnerlichen. Unsere Muskeln haben ein Gedächtnis, sagen die Wurfgurus.
Beginne mit 12 bis 15 Metern Wurfdistanz. Wenn das sitzt, steigere Dich langsam. Anfangs wirst Du Dich bei weiteren Würfen ab und zu verheddern – das gehört dazu. Nach 10 bis 20 Stunden Training flutschen die Würfe wie von selbst. Bravo! Nun bist Du fischreif.
Eine Fliegenrute mit 9 Fuss (rund 2,7 m) in der Schnurklasse 5 bis 6 reicht für die meisten Situationen an einem Schweizer Bergsee. Auf die Rolle kommt eine schwimmende Schnur (Floating), vorne verdickt als WF-Profil (weight forward).
Daran befestigst Du das sich verjüngende Fliegenvorfach. Damit dieses Fliegenvorfach durch häufiges Fliegenwechseln nicht zu kurz und damit dick wird, binde am dünnen Ende ein sogenanntes «Ringerl» (Mikroöhr) an. Daran knüpfst Du schliesslich das 80 bis 100 cm lange Vorfach (0,14 bis 0,18 mm) mit der Fliege. So kannst Du mit etwas Geschick sogar eine ganze Saison lang mit einem einzigen Fliegenvorfach fischen. Kontrolliere die Schnur regelmässig auf Knoten und Beschädigungen – das erspart Dir Ärger und bringt mehr gelandete Fische. Lass Dich vom Fachgeschäft oder Wurflehrer beraten und bestelle besser kein «Top-Fly-Set» im Internet. Viele dieser Sets enthalten unpassende oder untaugliche Teile.
Wähle für die ersten Versuche ein Gewässer mit ausreichend Platz und realistischen Chancen auf Bisse: beispielsweise einen Weiher mit Rotfedern, ein «Put and Take»-Gewässer mit Zuchtforellen oder ein «Fly only»-Gewässer. Du wirst elektrisiert sein, wenn Deine Fliege zum ersten Mal mit einem «Plopp» verschwindet – und Du vor Staunen den Anhieb verpasst.
Beim nächsten Biss reagierst Du wie eine gespannte Feder. Vielversprechende Stellen sind die Übergänge von hellem zu dunklem Wasser, grosse Steine, Krautfelder. Entdeckst Du eine Reihe von Steigringen, schätze die Richtung – und platziere Deine Fliege dort, wo dieser Fisch als nächstes nach Insekten Ausschau halten könnte. Wenn er schliesslich an Deiner Fliege hängt, hast Du ein «Gschlegel» mit Einziehen und Landen. Petri! Zur Krönung kannst Du ruhig auch mal einen Bergseefisch mitnehmen, ihn sorgfältig zubereiten und geniessen.
Die Auswahl an Fliegen ist riesig und kaum ein Fliegenfischer kennt alle, auch nicht die Profis. Und teuer sind sie obendrein. Mach es Dir zum Anfangen einfach: Drei Muster in den Hakengrössen 12 bis16 reichen für 80 % der Fälle. Wähle die Grösse nach den Insekten, die auf dem Wasser treiben. An den Bergseen treten oft die grossen geflügelten Ameisen auf, häufig aber auch winzige schwarze. Halte die Augen offen und probiere aus. Die Trockenfliegen «Ameise» und «Red Tag» sowie schwarze Nassfliegen (sinken leicht in die Oberfläche ein) mit weichen Hecheln funktionieren fast immer. Ich persönlich könnte eine ganze Bergseesaison lang nur mit einer schwarzen Ameise in der Grösse 16 fischen.
Damit die Trockenfliegen optimal auf der Oberfläche treiben, imprägniere sie mit Schwimmöl – aber achte darauf, dass kein Fett ans Vorfach gelangt, auch nicht von der Sonnencreme! Als Anfänger verzichtest Du besser auf beschwerte Nymphen und Streamer – denn deren Wurf ist heikler und birgt Verletzungsgefahr.
Ein leer wirkender See ist oft trügerisch. Fressphasen am Bergsee sind kurz, aber intensiv. Kaum hat man nach stundenlangen vergeblichen Würfen zusammengepackt, ist die Oberfläche plötzlich voller Ringe …
Starker Wind kann das Werfen verleiden – aber leichter Wind ist unser Freund: Er verschleiert Vorfach und Schnur. Schwierig wird es bei Windstille in Kombination mit praller Sonne oder wenn das Wasser eiskalt ist. Dann reagieren die Fische kaum auf unser Angebot, selbst wenn viele Insekten unterwegs sind. Fehlen ein paar Meter Wurfdistanz zu den Steigringen, hilft manchmal nur Warten – oder Waten. Alternativ kannst Du Deine Fliege mit der Spinnrute und einem Buldo oder Sbirolino präsentieren. Nicht so elegant, aber einfach weit.
Es gibt noch unzählige weitere Bergseen, die sich fürs Fliegenfischen eignen. Die beschriebenen Erfahrungen habe ich ebenso in Österreich, Skandinavien und Schottland gemacht. Dieses Fischen funktioniert an diesem Gewässertyp überall.
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