27 | 05 | 2016 | Schweiz | 0 | 5549 |
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Hechteröffnung am Vierwaldstättersee
Um 4.30 Uhr geht mein Wecker, es ist ein finsterer Frühmorgen. Nordwestwindlage mit leichtem Regen ist für diesen 1. Mai angesagt, eigentlich ja eine gute Voraussetzung fürs Hechtfischen. Das Thermometer zeigt gerade mal sieben Grad, ich muss mich also warm anziehen…
Der Tag kommt nur langsam in die Gänge, dicke Wolken bilden einen tiefen Deckel über dem Mittelland und auf der Fahrt von Thalwil nach Luzern zieht zuerst der Zugersee vorbei. Vor Cham stehen die ersten Boote in den Buchten, der grausilberne See führt nur kleine Wellen und in mir steigt die Vorfreude aufs Hechtfischen. Noch ein «schneller Kaffee» am Luzerner Hauptbahnhof und ich bin bereit. Knut Wittwer, mein heutiger «Guide» fürs Luzerner Seebecken, ist pünktlich auf die Minute.
Im Luzerner Seebecken
Der See empfängt uns mit glasklarem und spiegelglattem Wasser. Innert einer Minute ist Knuts neu restauriertes Mändli-Boot abgedeckt und der Motor schnurrt auf Anhieb. Es kann losgehen.
Das Luzerner Seebecken ist voller Untiefen, dichte Unterwasservegetation schimmert uns entgegen. Die Wassertemperatur ist kälter als auch schon in diesem Frühling: gerade mal acht Grad werden angezeigt. Das sind immerhin zwei Grad mehr als an der Luft. Als das Echolot vier Meter Tiefe anzeigt, bittet mich Knut eine Rute auszusuchen. Sein Gerät ist robust gewählt, mit zwei Meter langen Pilkruten, 5000er-Rollen und 0,60er-Monofil wird heute geschleppt. Der Griff in seine umfangreiche Köderbox ist schwierig, zu beinahe jedem Köder weiss Knut ein Rencontre mit einem Hecht zu erzählen.
«Wo hesch de Hecht?»
Meine Wahl fällt auf einen Savage Gear-Swimbait, der von vielen Hechtattacken schon arg gezeichnet ist. Wir geben gut 20 Meter Schnur und ziehen in gemächlichem Tempo von etwa drei Stundenkilometern unsere ersten Runden im Luzerner Seebecken.
Wir sind nicht die einzigen auf dem See, da und dort taucht ein Boot auf. Knut ruft den Fischern zu: «Zeige, zeige! Wo hesch de Hecht?»
Knut kennt das Seebecken wie seine Westentasche, der ehemalige Sony-Manager erzählt mir an jeder zweiten Ecke von einem oder mehreren Hechtbissen. Es ist noch nicht einmal acht Uhr und wir plaudern – für die Uhrzeit eigentlich ganz ungewohnt – munter und angeregt über Gott und die Welt, während die Swimbaits knapp über den Krautfeldern vorbeiziehen.
Immer wieder fällt Regen, das Seebecken ist verhangen, weder Bürgenstock noch Pilatus sind zu sehen. Wir klappen das Regendach auf, andere Boote haben einen Karpfenfischer-Schirm montiert oder die Fischer tragen lange Pelerinen.
Erster Fischkontakt
Nach der dritten Runde im Seebecken ruckt es auf Höhe des Casinos in Knuts Rute. Der Hecht hängt, weiss blitzt es immer wieder hinter dem Boot. Den Feumer schon in der Hand, schiesst uns der Swimbait entgegen, Hecht weg… Mist!
Auch der Fischereiaufseher dreht seine Runden, kontrolliert die Patente, ein kurzer freundlicher Schwatz, weiter gehts für ihn zum nächsten Boot.
Um 8.15 Uhr ruckt es nochmals, diesmal an meiner Rute. Fisch hängt, ein Halbstarker gibt ordentlich Gegenwehr. Bald feumern wir meinen ersten Vierwaldstättersee-Hecht, der mit etwas über 60 Zentimeter Grund zur kulinarischen Freude ist. Die klamme Kälte ist für einen Moment vergessen. Um 9 Uhr ist Pause angesagt. Einen «schnellen Kaffee» und Gipfeli gibts im KKL. An unseren Nachbartischen sitzen asiatische Touristen, denen das Wetter einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht hat.
Zahlreiche Schiffe im Seebecken
Eine halbe Stunde später sind wir frisch gestärkt wieder auf dem See und bei weitem nicht mehr die einzigen. Zu den etwa zehn Fischerbooten gesellen sich beinahe im Minutentakt Kurs- und Ausflugsschiffe. Während ein Kapitän seinen Touristen übers Mikrophon die Gegend erklärt, kreuzt er etwa 15 Meter hinter unserem Boot unsere Leinen. Es passiert das Unvermeidliche: meine Rute biegt sich bedrohlich, die Bremse der grossen Pennrolle kreischt und mir ist vom ersten Augenblick an klar, dass es bei diesem Drill garantiert nichts zu gewinnen gibt. Zum Glück liegt die Schere gleich nebenan – «zing!». Nicht auszudenken, was mit Rute und Rolle geschehen wäre, wenn mit einigen hundert PS die gesamte 60er-Schnur abgezogen worden wäre…
Wir flüchten aus der ärgsten Schusslinie und schleiken zwischen Badi und Segelboothafen. Das Echolot piepst munter ob den vielen Fischschwärmen unter uns. Wir fahren die Scharkanten ab, immer wieder fällt der Grund steil ab und wechselt mit flächeren Partien, aber ein weiterer Hecht will sich nicht einstellen.
Die meisten Boote schleppen jetzt weiter draussen mit dem Rutenhund. Einige Unerschrockene werfen vom stehenden Boot aus, aber die Kombination von regem Schiffverkehr und garstigem Wetter fordert seinen Tribut: Kurz vor Mittag ist nur noch eine Handvoll Boote auszumachen und auch Knut und ich haben langsam aber sicher genug gesehen. Zufrieden mache ich mich auf den Heimweg. Auch wenn die Grosshechte erst ein paar Tage später Appetit hatten; die gute Stimmung unter den Fischern und Knuts Gastfreundschaft machten dieses Eröffnungsfischen zum Erlebnis.
Petri Dank!
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