Jagd auf Grosshechte
18 | 08 | 2025 PraxisText: Chris Chew, aus dem Englischen von Ruben Rod | Fotos: Chris Chew 0267
18 | 08 | 2025 Praxis
Text: Chris Chew, aus dem Englischen von Ruben Rod | Fotos: Chris Chew 0 267

Jagd auf Grosshechte

Chris Chew berichtet uns von seiner Leidenschaft: Die Suche nach dem grossen Hecht. Seine Strategie bemisst sich nicht an der Anzahl gelandeter Fische, sondern versucht, Jugend­träume wahr zu machen.


Ich stehe bis zur Hüfte im Wasser, mache einen Wurf nach dem anderen, lasse meinen Schwimmköder durchs offene Wasser ziehen, während mir der Wind ins Gesicht bläst. Langsam kurble ich ein und beobachte, wie die geflochtene Schnur durch die Ringe läuft – bis plötzlich ein Schlag durch die Rute in meinen Arm fährt. Ich setze den Anhieb und unten im klaren Wasser antwortet ein starker Hecht mit kraftvollem Kopfschütteln. Das ist es, wonach ich suche.

Die Spannung ist immer da, wenn mein Köder im Wasser ist. Ich hole ihn langsam ein und im nächsten Moment kämpfe ich vielleicht mit einem meterlangen Tier. Wo, wann und wie jage ich das «Krokodil»? Hier ein Einblick in meine Taktik – ganz ohne Boot und Elektronik. Alles, was ich brauche, ist eine Rolle, eine Rute, ein Köder und eine Tasche voller Vertrauen.

 Kleine Hechte sind nicht das Ziel dieser Fischerei, sondern Köder ...

Kleine Hechte sind nicht das Ziel dieser Fischerei, sondern Köder ...


Zielgewässer

Ich konzentriere mich auf grosse und klare Seen mit Tiefe, Vegetation und guten Köderfischbeständen. Solche Gewässer bieten ideale Bedingungen für Hechte, um zu wahren Giganten heranzuwachsen. Sie sind aber nicht leicht zu fangen, da diese Gewässer weiträumig sind und die Fische überall stehen können. Dennoch bin ich überzeugt: Wer sich einem solchen Gewässer richtig nähert, hat eine Chance auf den ganz grossen Fisch.


Eine Frage der Saison

Meine Strategie ändert sich je nach Jahreszeit. Ich fische gezielt im frühen Frühling, im Spätsommer und im Herbst. Im Hochsommer, wenn der Sauerstoffgehalt kritisch ist, lasse ich es bleiben.

Im Frühling zählt der Standort. Wenn die Sonne die flacheren Zonen erwärmt, ziehen die grossen Weibchen zum Laichen ins Flachwasser. Jetzt lohnt es sich, die flachen Uferbereiche und nahegelegene tiefere Zonen ins Visier zu nehmen. Es ist nicht ungewöhnlich, Meterhechte in nur einem halben Meter Wassertiefe zu finden.

Im Spätsommer, wenn das Wasser kühler wird und der Sauerstoffgehalt steigt, fische ich auch im tiefen, offenen Wasser. Hechte sind Spitzenprädatoren und jagen oft frei ohne Deckung. Ich habe schon viele grosse Fische mitten im Freiwasser gefangen, wo es weder Pflanzen noch Strukturen gibt.

Der Herbst ist meine Lieblingszeit. Die Hechte spüren, dass der Winter kommt, und fressen sich Reserven an. Sie ziehen umher und sind nicht leicht zu finden – doch wer ihren Code knackt, kann belohnt werden. Ich fische dann auch in bis zu zehn Metern Tiefe, lasse aber das Frühlingsflachwasser aus.

 Mit Vertrauen und Ausdauer einen grossen Köder immer wieder auswerfen ist eine höchst mentale Angelegenheit.

Mit Vertrauen und Ausdauer einen grossen Köder immer wieder auswerfen ist eine höchst mentale Angelegenheit.


Vertrauen

Der Schlüssel zu meinem Ansatz ist Vertrauen. Die grossen Fische sind rar. Darum ist es entscheidend, vom ersten bis zum letzten Wurf an seine Taktik zu glauben. Es ist eine mentale Sache. Man bekommt wenige Bisse – aber es kann einer kommen, an den Du Dich für den Rest Deines Lebens erinnerst. Aufgeben bedeutet, den Moment zu verpassen, in dem alles hätte möglich sein können. Das Fischen auf grosse Hechte belohnt diejenigen, die einfach dranbleiben, Wurf für Wurf. An manchen Tagen wechsle ich nicht einmal den Köder und werfe ihn fortwährend unermüdlich voller Vertrauen.


Keine Angst vor Grösse

Grosse Hechte, grosser Appetit, grosse Köder. Vielleicht hast Du das schon mal gelesen – aber es stimmt meistens. Wenn Du das Maul eines Meterhechts gesehen hast, kannst Du Dir vorstellen, welche Art von Beute da hineinpasst. Deshalb bevorzuge ich Köder in einer Grösse, die es für einen grossen Hecht lohnenswert macht, sich in Bewegung zu setzen und anzugreifen. Grössere Köder fallen auch im offenen Wasser eher auf und sind aus der Entfernung besser sichtbar als solche mit kleiner Silhouette. Ich verwende Köder, die sowohl vom Volumen her als auch von ihrer Attraktion – in diesem Fall Vibration – gross sind. Damit durchforste ich das Wasser auf der Suche nach dem Top-Prädator.

Es gibt keinen Grund, sich von der Weite eines grossen Gewässers einschüchtern zu lassen. Stattdessen betrachte ich jeweils nur den Bereich direkt vor mir als potenziellen Spot. Lass Dich nicht entmutigen vom Gedanken: «Der grosse Hecht kann ja überall in diesem riesigen Gewässer sein», sondern konzentriere Dich lieber darauf, wie Du Deine Würfe so gestaltest, dass Dein Köder genau hier auf einen Abnehmer trifft.

 Ist dieser Swimbait zu gross? Nein, ein grösserer hätte hier auch hinein­gepasst …

Ist dieser Swimbait zu gross? Nein, ein grösserer hätte hier auch hinein­gepasst …


Spotwahl

An Gewässern, die ich nicht kenne, schaue ich mir gerne auf Google Maps potenziell interessante Bereiche an – noch bevor ich vor Ort bin. Ich halte Ausschau nach Landzungen, Buchten, schmalen Abschnitten zwischen grösseren Gewässern und allen Unregelmäs­sigkeiten in der Uferlinie, die einem grossen Hecht als Hinterhalt dienen könnten.

Lange, allmählich abfallende Bereiche, die in tieferes Wasser führen, oder Stellen mit plötzlichem Gefälle sind ebenfalls gute Ausgangspunkte. Es geht darum, Zonen zu identifizieren, die ein ideales Jagdrevier für Dein angestrebtes Ziel darstellen könnten.


Köderführung

Wenn ich an einen Spot komme, den ich noch nie befischt habe, mache ich gerne ein paar Würfe mit einem schnell sinkenden Köder, dessen Sinkgeschwindigkeit ich ungefähr kenne (zum Beispiel einen Meter pro Sekunde). Ich lasse ihn bis zum Grund absinken und zähle dabei mit – so bekomme ich ein Gefühl dafür, welche Tiefen vor mir liegen und kann die Präsentation meiner Köder besser anpassen.

Ich beginne immer mit fächerförmigen Würfen von links nach rechts und lasse dazwischen rund fünf Meter Abstand. Wenn ich eine tiefere Stelle befische, starte ich die Wurfserie zuerst mit einem flachen Lauf, etwa zwei Meter unter­ der Oberfläche, und wiederhole das Ganze dann etwas tiefer – um herauszufinden, ob weiter unten vielleicht ein Hecht lauert, der den Köder noch nicht bemerkt hat.

Grosse Hechte sind Räuber aus dem Hinterhalt. Sie haben ihre Augen oben auf dem Kopf und greifen ihre Beute bevorzugt von unten an. Beim Einholen des Köders spiele ich mit der Geschwindigkeit: Ich beschleunige und verlangsame ihn, um eine unregelmässige Bewegung zu erzeugen – das verwirrt die Hechte und reizt sie zum Anbiss. Ich habe den Eindruck, dass Köder, die mit konstanter Geschwindigkeit geführt werden, zwar viele Nachläufer, aber weniger Fänge bringen. Das kannst Du ganz einfach berücksichtigen: Dreh ein paar Mal an der Rolle, mach eine kurze Pause, dann wieder ein paar Umdrehungen, diesmal vielleicht mehr – und dann wieder eine längere Pause.

Mit dieser Methode versuche ich, vom Ufer aus so viel Wasser wie möglich abzusuchen – immer in Erwartung des atemberaubenden Bisses, den nur ein grosser pelagischer Hecht liefern kann. Scheu Dich dabei nicht, auch weit entfernt von jeder Struktur ins offene Wasser zu werfen – glaub mir: Dort jagen die Monster!

 Das ersehnte Ziel erreicht: Meterhecht auf das Eigenbau-System!

Das ersehnte Ziel erreicht: Meterhecht auf das Eigenbau-System!


Worum es geht

Beim Fischen auf den grossen Hecht geht es nicht um Zahlen. Es geht nicht darum, wie viele Fische Du fängst. Es geht darum, den einen Fisch zu fangen, an den Du Dich ein Leben lang erinnerst. Du kannst stundenlang werfen, ohne einen Biss – und dann, ganz plötzlich, ist er da. Genau dieses Gefühl lässt mich immer wieder zurückkehren.

Es ist das Stehen in der Wathose, vom Wind durchdrungen, voll konzentriert – auf der Jagd nach etwas, das Du nicht siehst, von dem Du aber weisst, dass es da draussen ist.

Für mich geht es bei dieser Art des Fischens­ genauso sehr um das Erlebnis wie um den Fang. Es geht darum, rauszugehen, den Kopf freizukriegen, einzutauchen in die Umgebung. Es ist die Aufregung, die Du spürst, wenn Du an einen Ort kommst, an dem es geschehen könnte – und dann das Monster fängst, von dem Du als kleiner Junge geträumt hast.


Material

Rute    Eine kräftige Spinn- oder Baitcaster-Rute ist Pflicht, wenn Du schwere Köder auf Distanz bringen und den Haken sicher setzen willst – auch bei grossem Fisch und viel Schnur im Wasser.

Ideal ist eine Länge von 2,3 bis 2,4?m, damit Du eine gute Reichweite­ hast und grosse Wasserflächen abdecken kannst. Ich verwende zum Beispiel die Fox Rage TR Power Swim 240 cm mit bis zu 200 g Wurfgewicht.


Rolle
    Die Rolle muss robust sein und mit dem Gewicht der Köder sowie der Belastung im Drill umgehen können. Ich nutze eine Lews Superduty 300 für Big Bait.


Geflochtene Hauptschnur    Ich fische lieber etwas zu dick als zu dünn. Ich fische eine 0,3er-Geflochtene,?das gibt mir Sicherheit im Wurf und beim Kontakt mit richtig grossen Fischen.


Vorfach    Zum Hechtangeln nur mit Schutz: entweder 1?mm Fluorocarbon oder ein Stahlvorfach ab 50 lb – je nach Situation und Vertrauen in die Verbindung.

 Chris Chew baut sich selber solche Spinnerbaits auf grosse Hechte.

Chris Chew baut sich selber solche Spinnerbaits auf grosse Hechte.


Köder

Langsam sinkende Swimbaits (20–25?cm): Für flaches Wasser und offenes Wasser knapp unter der Oberfläche.

Schnell sinkende Swimbaits (20–25?cm): Für mittlere und tiefere Wasserschichten in grossen Seen.

Muskie Tubes (30?cm) mit 10–15?g Nasen­gewicht: Für verschiedene Tiefen – auffällig, langsam und druckvoll.

Spinnerbait-Kombinationen mit grossen Gummis: Für die Suche in allen Wasserschichten – Druck und Sichtbarkeit kombiniert.

Achte auf belastbare Haken, Clips und Wirbel – sie sind Deine Verbindung zum Köder und Fisch. Hier sparst Du am falschen Ort, wenn Du zu schwache Komponenten verwendest.


Werkzeuge

Lange Abhakzange     Damit Du auch tief sitzende Haken sicher lösen kannst.

Kräftige Schneidezange     Wenns nicht anders geht, lieber den Haken durchtrennen, als unnötig am Fisch herumzuprobieren.


Wathose
    Für mich unverzichtbar: Sie bringt Dich an Spots, die Du vom Ufer aus nicht erreichen kannst. Ohne Wathose verlasse ich das Haus nicht.

 

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