


28 | 04 | 2025 | Praxis | ![]() | ![]() |
28 | 04 | 2025 | Praxis |
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Das Trockenfliegenfischen übt einen aussergewöhnlichen Reiz aus. Einen Fisch auf Sicht anzuwerfen, ist immer ein besonderes Erlebnis. Und das Trockenfliegenfischen ist in Tat und Wahrheit gar nicht so schwierig, wie manche es darstellen.
Klar braucht es ein paar Stunden (vielleicht sogar Tage) Übung, bis man einen Zehn-Meter-Wurf hinkriegt, bei dem die Fliege sanft am gewünschten Ort aufs Wasser schwebt. Wenn dann die erste Forelle die Fliege schnappt, steigt der Adrenalinspiegel sprunghaft.
Glücklicherweise begnügte sich mein Lehrmeister Jules Rindlisbacher mit wenigen Mustern. Also hatte ich nicht viel Insektenkunde zu büffeln und ebenso widerstand ich der Versuchung, mich an den Bindestock zu wagen. Lieber investierte ich meine Zeit in die Pirsch am Wasser, denn wie bei jeder Köderart ist die Präsentation ausschlaggebend für den Erfolg. An Thur und Töss wurde die Gordon Quill schon bald mein Lieblingsmuster, vor allem dank meinem Freund Albert, der mir davon ausreichend band. Im Ritz-Buch erschien das amerikanische Muster ebenfalls unter den Favoriten. Auf Hakennummer 12, 14 oder 16 fängt es zu allen Jahreszeiten. Die Flügel sind braun, hell gestreift, blaugraue Hahnenhecheln, Körper aus Pfauenfederkiel, Schwanzfäden aus blaugrauen Hahnenhechelfibern.
Ein magischer Begriff für Fliegenfischer. Bald einmal gehörten die Entenhechelfliegen zu meinen Lieblingen. Gut sichtbar und wirklich fängig! Eine kleine Box mit vier, fünf Mustern bleibt stets in meinem Gilet griffbereit.
1996 dann durfte ich dabei sein, als Marc Petitjean die «Urgesteine» der CDC-Fliegen in «La Piquette» an der wunderbaren Loue, unweit der Schweizer Grenze im französischen Jura einlud. Gerhard Laible, Marjan Fratnik und Louis Veya demonstrierten und debattierten die Varianten der Entenhechel-Fliegen bis tief in die Nächte. Und selbstverständlich versuchten wir auch, den einen oder anderen Fisch zu überlisten …
Mehr als ein Jahrzehnt später dokumentierte der Freiburger Fliegenbinder sein enormes CDC-Wissen (Cul de Canard = Entenfüdli) im Prachtband «Petitjean CDC». Die MP 81 imitiert, was die Engländer «spent» nennen, also ein nach seiner letzten Wandlung gestorbenes Insekt. Eine leichte Beute für die Forelle! Sie fängt demnach auch Fische, wenn kein Steigen zu beobachten ist. Michel Roggo, der bekannte Freiburger Unterwasserfotograf und Freund von Marc Petitjean, bindet die MP 81 stets als erste Wahl ans Vorfach!
Ein Zufall verhalf mir zu einer Fischerwoche in der berühmten Stellenbosch-Weinregion in Südafrika. Mit dabei waren Joan und Lee Wulff, die grossen amerikanischen Fliegenfischer und Taff Price, ein ebenso versierter wie humorvoller Fliegenbinder aus England. In seinem internationalen Guide «Fly Patterns» porträtierte er den Klassiker «White Wulff», der beidseits des Atlantiks seine Fängigkeit unter Beweis stellt. Lee demonstrierte uns nach dem Fischen an den heiklen Bächen das Binden seiner weltberühmten Muster im Hotelzimmer ohne Bindestock. Beeindruckend.
Roman Moser fischt schon seit seinem 13. Lebensjahr mit der Fliege, und zwar an der berühmten Traun, wo ihn Hans Gebetsroither unter seine Fittiche nahm. Bereits mit 35 Jahren gründete er seine eigene Wurfschule, die bis heute Tausende von Fischern besucht haben. International bekannt wurde Roman Moser durch seine Beiträge in Fachzeitschriften wie «Fliegenfischen», «Petri-Heil» usw. Als erster deutschsprachiger Fliegenfischer wurde er 2009 vom New York Fliegenfischermuseum in die Hall of Fame aufgenommen. Kürzlich stellte er in «Fliegenfischen» sein fängiges Dutzend vor, genial fotografiert von Albert Pesendorfer.
Mein persönlicher Favorit ist Mosers Parachute, die er wie folgt charakterisiert:
«Sie soll Eintagsfliegen von Ephemera bis Canis darstellen. Der Polypropylen-Flügel, meist in grauer Farbe gehalten, imitiert perfekt die abhebebereite Subimago von der Wasseroberfläche. Die Basis des Flügels umwinde ich mehrmals mit der Bindeseide, die ich jedoch zuvor mit etwas Superkleber (Pinsel) bestrichen habe. Dadurch bilden sich kleine Klebetröpfchen auf dem Faden, die der Hechel beim Wickeln guten Halt geben. Die flache Behechelung um die stabile Flügelbasis kann je nach Bedarf auch zart und minimalistisch ausgeführt werde. Besonders wichtig ist die flache Auflage auf der Wasseroberfläche. Die horizontale Behechelung trägt zur enormen Schwimmfähigkeit bei, während die seitlich abstehenden Federgrannen die haltsuchenden Beinchen einer Eintagsfliege perfekt imitieren. Der helle, hochstehende Flügel ist gut sichtbar, wobei eine dunkle, fast schwarze Poly-Schwinge bei untergehender Sonne am frühen Abend manchmal besser zu erkennen ist.»
Den legendären Maifliegentanz kann man hierzulande nicht mehr vielerorts erleben. Aber wo der «Schlupf» im Juni noch stattfindet, darf die Imitation der Danica in keiner Fliegenbox fehlen. Die Forellen sind dann wild auf diesen Leckerbissen! Als Erinnerung an diese Erlebnisse hängt die eindrückliche Darstellung von Toni Zulauf über meinem Arbeitsplatz.
Wie man das richtige Muster auswählt für Forellen und Äschen:
Am Stammtisch der Fischer musst Du wissen, dass Entomologie zu deutsch Insektenkunde heisst. Wenn Nichtfischer von Fliegen reden, meinen sie die gemeine Stubenfliege (Musca domestica). Zugegeben ein kleines, manchmal nervendes Naturwunder mit durchsichtigen Flügeln, das sich mit seinen Beinchen an senkrechten Glasscheiben oder an Zimmerdecken festhalten kann. Aber ihre Imitationen gelangen selten an ein Fliegenschnur-Vorfach.
Fliegenbinder imitieren gerne Eintagsfliegen. Leben diese nur einen Tag? Nein, sie schlüpfen am Gewässergrund als Larven aus den vom begatteten Weibchen abgelegten Eiern. Diese Larven wachsen langsam heran und häuten sich. Nun streben sie gleichzeitig mit tausenden von Artgenossen als Subimago an die Wasseroberfläche. Dort platzt ihre Haut und es entfalten sich Flügel. Männchen verlassen das Wasser sofort und lassen sich auf den Blättern eines Strauchs oder Baums nieder. Diesen Augenblick des Lebens nennt man Metamorphose, also Verwandlung. Aus dem Subimago wird ein Imago, ein ausgewachsenes Insekt. Nun sind die Insekten geschlechtsreif. Deshalb sausen die Männchen zurück zur Wasseroberfläche, wo die Weibchen paarungsbereit auftauchen.
Die Wasseroberfläche ist bedeckt von tanzenden Insekten. Ein kurzes Leben wie im Rausch. Für die Weibchen hingegen ist der Tag noch nicht vorbei. Sie müssen sich um den Nachwuchs kümmern und fliegen dazu flussaufwärts. Dabei berühren sie ab und zu das Wasser und legen ihre winzigen Eier ab. Danach sterben sie – Mission erfüllt. Die befruchteten Eier sinken auf den Gewässergrund, der Kreislauf ist geschlossen.
Der Fliegenfischer wählt aus den Imitationen der verschiedenen Lebensstadien aus: Nymphen, Nassfliegen, Trockenfliegen. Die natürlichen Vorbilder haben alle lateinische Namen, die künstlichen Nachahmungen jedoch Fantasiebezeichnungen. Vielfach werden sie nach ihren Schöpfern benannt, zum Beispiel die Gordon Quill nach ihrem Erfinder Theodore Gordon. Oder die berühmten Wulff Muster nach Lee Wulff, dem Übervater der amerikanischen Fliegenfischerei. Marc Petitjean seinerseits wählt pragmatischer seine Initialen und eine Nummer. Und Roman Moser verzichtet bei seiner Kreation der Parachute auf eine zusätzliche Bezeichnung, belässt es einfach bei «Fallschirmfliege».
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