


30 | 01 | 2023 | Praxis | ![]() | ![]() |
30 | 01 | 2023 | Praxis |
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Der Winter stellt uns Fischer vor besondere Herausforderungen. Es ist kalt, nass und die Fische springen einem nicht unbedingt freiwillig in den Feumer. Doch wenn man sich die besonderen Umstände der kalten Jahreszeit zu Nutze macht, kann man am Wasser wahre Sternstunden erleben. Die Erfolgsformel von Wolfgang Kalweit lautet: Suchen, finden, fangen!
Mein Motto im Winter lautet: «Fangen statt frieren!» Und damit ich auch in der kalten Jahreszeit erfolgreich bin, achte ich in erster Linie auf regelmässige Stellenwechsel. Das hat natürlich seinen Grund. Alle Fischarten bevorzugen im Winter jeweils ganz bestimmte Standplätze. Das bedeutet im Gegensatz dazu, dass die meisten Gewässerabschnitte frei von unserem Zielfisch sind. Wer sich also beim Naturköderangeln auf gut Glück einfach irgendwo hinsetzt und hofft, die Zeit würde ihm in die Karten spielen, der wird in den meisten Fällen enttäuscht. Stelle Dir doch einmal einen Spinnfischer vor, der sich morgens an einen zufällig gewählten Platz stellt und dort bis zum Abend seine Würfe macht – obwohl er nichts fängt. Man würde ihn für verrückt halten! Nein, Spinnfischer sind mobil und haben deshalb auch im Winter gute Chancen, einen Platz mit hungrigen Raubfischen zu finden. Hieraus müssen auch Naturköderangler ihre Lehre ziehen. Wer häufiger die Stelle wechselt, ist oft erfolgreicher.
Um in begrenzter Zeit mehrere Stellen befischen zu können, ist eine leichte, auf das Nötigste reduzierte Ausrüstung unerlässlich. Der Platzwechsel muss in wenigen Minuten vollzogen werden können. Wer erst Unmengen an Angelgerät zusammenpacken muss, der wird kaum die Motivation für einen Stellenwechsel aufbringen. Wenn ich im Winter mobil bleiben möchte, habe ich deshalb nur eine kleine Tasche, eine Rute, Feumer, Rutenhalter, Abhakmatte und ab und an einen Futtereimer dabei. Vor Regen bin ich durch gute Funktionskleidung geschützt und die Abhakmatte dient mir als Sitzkissen. Mit so kleinem Gepäck ist es ein Leichtes, innerhalb von einer Minute zur nächsten Stelle aufzubrechen, um den Traumfisch zu finden.
Es ist selbstverständlich, dass man sich bei der Wahl seiner Angelstellen Gedanken machen sollte. Das Verhalten der Fische im Winter muss man kennen (lernen), um erahnen zu können, wo sich diese bevorzugt aufhalten. Da dies aber nicht bei jeder Fischart gleich ist und auch jedes Gewässer seine Eigenheiten hat, spare ich mir hier allgemeine Aussagen. Wenn Du mobil bleibst und viele Stellen befischst, wirst Du irgendwann Deinen Zielfisch gefunden haben, dann fällt der Groschen ganz von selbst. Du solltest Dich bei jedem Fisch fragen: Was macht diese Stelle hier so besonders? Warum halten sich die Fische hier wohl auf? Du wirst schnell ein Muster erkennen und irgendwann in der Lage sein, gute Stellen auf Anhieb zu erkennen. Im Folgenden einige Beispiele, die zeigen, wie mich dieser Ansatz in den letzten Jahren zum Erfolg geführt hat.
Mein winterliches Aletfischen an kleineren und mittelgrossen Flüssen könnte mobiler nicht sein. Im mache dabei gerne mehrere Kilometer Strecke und befische an einem Tag nicht selten mehr als zehn verschiedene Angelstellen. Vor allem bei höheren Wasserständen sind es kleinere Uferstrukturen, wie zum Beispiel Ausbuchtungen, überflutete Sträucher oder unterspülte Ufer, die den Dickköpfen als Standplätze dienen. Die muss man finden! Da beim Aletfischen die Bisse in den meisten Fällen innerhalb weniger Minuten kommen, kann man nach einer halben Stunde ohne Biss getrost weiterziehen. Mit diesem Ansatz konnte ich regelmässig mehrere Fische in wenigen Stunden fangen. Fischträchtige Stellen besuche ich an einem Angeltag manchmal auch öfters.
Vor einigen Jahren fischte ich im Winter in den Niederlanden auf Hechte, an einem schmalen Kanal, der sich durch ein kleines Städtchen zieht. Es war schon lange winterlich kalt. In dieser Jahreszeit finden sich dort die Rotaugen und andere Weissfische in Schwärmen zusammen und überwintern in den windgeschützten Bereichen zwischen den Häusern. Für Hechte ein Schlaraffenland!
Ich wusste, dass der richtige Platz über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Ich begann nicht sogleich zu fischen, sondern lief mit meiner Zapfenrute zunächst etwa eine halbe Stunde den Kanal ab, bis ich plötzlich zwischen festgemachten Booten verdächtige Kreise an der Oberfläche entdeckte. Es waren Unmengen kleiner Fische! Ich wusste, dass die Hechte hier nicht weit sein konnten. Ich mache es kurz: Schon Sekunden nachdem mein toter Köderfisch im Wasser war, tauchte der Zapfen ab. Innerhalb von zwei Stunden konnte ich an ein und derselben Stelle vier Hechte von 81, 85, 109 und 113 cm fangen.
Zanderfischen im Winter ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass man die Fische wirklich suchen muss. Wenn man sie aber gefunden hat, ist es meist nicht schwierig, sie zu fangen. Da in grösseren Gewässern oft die tiefen Gewässerabschnitte Zander beherbergen, steigert ein Boot die Chancen auf einen Biss enorm. Man ist nicht nur mobil, sondern hat auch den Vorteil, dass einem das Echolot gute Standplätze anzeigt. Die fangträchtigen Strukturen lassen sich so wunderbar erkennen und im besten Fall sind Schwärme von Futterfischen oder gar die Räuber selbst zu erkennen. Dort muss man dann nur noch ankern und den Köderfisch ins Wasser lassen.
Ich habe schon einige schöne Barben in meinem Leben gefangen, doch ich muss auch zugeben, dass ich es selbst noch nicht so ganz herausgefunden habe, wo die allerbesten Winterstandplätze sind. Trotzdem konnten meine Begleitungen und ich auch bei Kälte schon stattliche Exemplare fangen. Denn selbst wenn man am Gewässer noch nicht ganz genau weiss, wonach man Ausschau halten muss, so erhöht der mobile Ansatz die Chancen auf einen Glückstreffer enorm. Das macht oft den Unterschied, ob es nur ein Tag mit kalten Füssen wird oder ob ein Fisch im Feumer landet. Ich erinnere mich zum Beispiel an einen eiskalten Angelausflug auf Barben. Der Tag drohte ohne Biss zu enden. Erst an der fünften oder sechsten Angelstelle bekam meine Begleitung einen Biss auf Brotflocke, der ihm fast die Rute vom Ständer riss. Das Ergebnis war eine kräftige Winterbarbe von ungefähr 4 kg, die uns den Tag rettete.
Durch den ständigen Stellenwechsel erlebt man manchmal Überraschungen, die wichtige Informationen über ganz andere Zielfische liefern können. Als ich vor einigen Jahren um die Adventszeit an einem grösseren Fluss am Aletfischen war, blieb ich zunächst erfolglos. Ich befischte eine grosse Innenkurve mit interessanten Strukturen. Statt zu resignieren, habe ich mich nach einer Stunde sukzessive jeweils zehn Meter nach unten gearbeitet. Irgendwo mussten die Dickköpfe ja stehen! Nach dem dritten Wechsel bekam ich plötzlich einen Biss und die leichte Rute krümmte sich bis zum Anschlag. Es war kein Alet, aber was dann? Nach 15 Minuten hartem Drill lag die Überraschung auf der Abhakmatte: Es war ein stattlicher Karpfen von rund 8,5 kg! Per Zufall hatte ich einen Winterstandplatz für Karpfen gefunden. Ein Fischerkollege konnte in der Folgezeit dort noch Flusskarpfen von über 20 kg fangen!
Ich könnte noch viele Beispiele nennen, wo mir der mobile Ansatz half. Jetzt liegt es aber an Dir, beim nächsten Ausflug das schwere Angelgerät zu Hause zu lassen, die Augen zu öffnen und Dein Gewässer zu entdecken. Denke dabei an die Erfolgsformel: Suchen, finden, fangen!
Alet | Am besten bei hohen Wasserständen fischen. Die Fische stehen dann in Ufernähe in strömungsberuhigten Bereichen, zum Beispiel unter oder hinter versunkenen Bäumen, Ufereinbuchtungen, Innenkurven und überall dort, wo die Strömung geradlinig ohne Turbulenzen verläuft. Top sind auch immer die Übergangsbereiche zwischen langsamer und schneller Strömung, wie man sie zum Beispiel an Buhnenköpfen findet.
Zander | Wer ein Boot besitzt, hat beim Zanderfischen häufig die besten Fangaussichten, denn in tiefen Gewässern folgen die Räuber den Kleinfischen in die tiefen Bereiche. Dort sollte man sie mit dem Echolot suchen.
Barbe | Es sollten Gewässerbereiche ohne turbulentes Wasser gesucht werden. Bei Hochwasser stehen die Barben oft sehr nah am Ufer.
Hecht & Egli | Sie sind dort, wo auch die Futterfische sind! In flachen Gewässern sieht man mit Glück früh morgens und kurz vor Dunkelheit Ringe der Kleinfische an der Oberfläche. Ansonsten sollte man immer nach Unterständen Ausschau halten, wie zum Beispiel überhängende Bäume, Schwimmstege, Brücken, Boote oder auch Spundwände.
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