Perlmutt-Spangen[ – Eine Frage der Form & Farbe]
06 | 12 | 2019 PraxisText & Fotos: Roger Wyss 07078
06 | 12 | 2019 Praxis
Text & Fotos: Roger Wyss 0 7078

Perlmutt-Spangen – Eine Frage der Form & Farbe

Die Seeforellen-Schleppfischerei auf den Schweizer Seen ist oft genug von sehr mässigem Erfolg gekrönt. Meist endeten meine Ausflüge bei eisiger Kälte nach langer Fahrt halb erfroren und ohne Fang. Dies änderte sich, als ich mit Perlmutt-Spangen zu fischen begann.


Es ist eine Weile her seit meinen ersten Erfahrungen mit Perlmutt-Spangen. Ich bekam sie einst von einem Fischerkollegen in die Hand gedrückt, er meinte, ich solle sie einmal austesten an meinem Hausgewässer. Und siehe da, mit den Spangen änderte sich die Fischerei. Nicht nur fing ich wesentlich mehr als mit den Blechlöffeln, auch waren die Fänge sehr unterschiedlich verteilt. Zwei der Spangen meines Fischerkollegen fingen überdurchschnittlich viele Seeforellen, während die anderen keine nennenswerten Quoten zeigten. Diese Unterschiede liessen mir keine Ruhe mehr. Innert kurzer Zeit ersetzte ich beim Schleppfischen alle Blechlöffel durch Perlmutt-Spangen und es setzte sich stets dasselbe Muster durch: Von fünf neu erworbenen Spangen war eigentlich immer eine dabei, die so viele Fischkontakte produzierte wie die anderen vier zusammen. Hingegen war die Streuung bei den Blechlöffeln, die ich früher fischte, meistens gleichmässig verteilt. Manchmal war es der weisse, dann der dunkle, der pinke, der schmale und so weiter. Einzelne Löffel aber, die sich klar von den anderen absetzten, gab es nie. 


Interessante Laufeigenschaften 

Als ich schliesslich aus etwa 100 Spangen mein Set von zehn wirklich fängigen Spangen ausselektiert hatte, wollte ich herausfinden, weshalb diese so speziell fängig waren. Da sich in den Farbnuancen kaum ein Muster erkennen liess, begann ich mich mit dem Lauf der Spangen zu befassen. Gemeinsam war diesen Spangen, dass sie inkonstante Laufeigenschaften hatten. Sie fielen immer wieder aus dem Gleichgewicht und brachen auf eine Seite oder nach oben und unten aus. Doch war damit nicht der einzige Schlüssel zum Erfolg gefunden, es gab nämlich auch monoton laufende Spangen, welche wirklich gut Fische lieferten. Auf diese Spangen reagierten nicht nur Seeforellen, sondern es gab auch Beifänge, Zander, Saibling und grosse Egli beispielsweise. 

Allen Spangen ist gemeinsam, dass sie vor allem unter ganz spezifischen Bedingungen fängig sind. Plötzlich produzieren sie eine Zeit lang kaum mehr Bisse, weil die Sichtigkeit des Wassers, die Temperatur oder andere Faktoren sich geändert haben. Sobald wieder die vorherigen Bedingungen herrschen, kommen auch die Bisse wieder. Dies ist interessanterweise auch von einem Gewässer aufs andere übertragbar, es gibt also keine Neuenburgersee-Spange, die am Brienzersee nicht funktionieren würde. 

 Einer der zahlreichen kapitalen Seeforellenfänge, die Roger Wyss dem Einsatz von Perlmutt-Spangen verdankt.

Einer der zahlreichen kapitalen Seeforellenfänge, die Roger Wyss dem Einsatz von Perlmutt-Spangen verdankt.


Die entscheidenden Unterschiede

Keine Frage – auch mit Blechlöffeln fängt man grosse Forellen. Doch wahrscheinlich gibt es einen wesentlichen Unterschied: Hat der Löffel nach dem Drill und dem wilden Zappeln einer grossen Forelle noch die genau gleiche Biegung? Und war genau diese spezifische Biegung verantwortlich für dessen Fängigkeit? Vielleicht liegt genau darin ein wesentlicher Punkt für die anhaltende Fängigkeit gewisser Perlmutt-Spangen: Man kann sie nicht verbiegen. 

Natürlich hatte es mich interessiert, wie sich das Laufverhalten ändert, wenn die Spange für kleinste Abweichungen nachgeschliffen wird. Bereits kleinste Veränderungen in der Form können teils merkliche Unterschiede mit sich bringen. Einige Änderungen kann man selbst von Auge gut nachvollziehen, andere nimmt nur der Fisch wahr. Und auf diese kommt es vor allem an. Bereits durch die kleinste Änderung kann eine Spange plötzlich super fängig werden – oder aber auch umgekehrt. Deswegen ändere ich nie etwas an einer fängigen Spange, weder Haken, noch Wirbel, gar nichts! Ich hatte noch nie einen Löffel, der mehr als 20 Forellen fing, Spangen aber sehr wohl. Dass dies nichts mit Aberglauben zu tun hat, ist mir klar geworden; kleinste Veränderungen der Form können gros­se Auswirkungen haben.


Auch eine Frage der Farbe 

Erstklassiges Rohmaterial für die Perlmutt-Spangen-Produktion ist gar nicht so einfach erhältlich. Nicht nur müssen Grösse, Schalenstärke und Farbe stimmen, die Muscheln sollten auch möglichst frei von Wurmlöchern sein. Die Muscheln werden in längliche Stücke zersägt und sorgfältig in die gewünschte Form geschliffen. Dann werden Löcher gebohrt und Hülsen eingesetzt und schliesslich so lange poliert, bis die Perlmutt-Spange eine glänzende, irisierende Oberfläche hat. Denn neben der Form und der damit verbundenen Lauf­eigenschaften ist auch die Farbe ein wesentlicher Faktor. Für die Produktion von Perlmutt-Spangen kommen etwas mehr als ein Dutzend Muscheln und Schnecken in Frage. Die Faszination der Perlmutt-Spangen-Produktion liegt genau in dieser Vielfalt. Jede Muschel ist ein Unikat, und so ist es auch jede daraus gefertigte Spange. Und hat damit auch die Chance, fängiger zu sein als alle anderen.


Für die Perlmutt-Spangen-Produktion verwende ich 15 verschiedene Muschelsorten. Je nach Gewässer und Bedingung variiert die «heis­se» Grösse und Sorte. Im Folgenden findet man die wichtigsten Spangen. 

Perlmutt-Spange «Paua»

Die Paua-Muscheln aus Neuseeland liefern wohl das schönste Perlmutt, welches das Meer zu bieten hat. Viele ambitionierte Seeforellen-Fischer schwören auf die blaue Farbe bei der Köder-Auswahl. Doch ist es schwierig, das Material in der benötigten Qualität aufzutreiben. 


Perlmutt-Spange «Goldfisch»

«Goldfisch» gibt es von Dunkel- bis Hellorange. Ich mag es, wenn das Orange bis auf wenige Stellen abgeschliffen ist und das glänzende Perlmutt voll zum Vorschein kommt. Um ein neues Gewässer zu erkunden, montiere ich stets eine grössere Anzahl dieser Spangen.


Perlmutt-Spange «Turmalin»

Die «Turmalin» mit tiefem Schwarz und sehr hellem Perlmutt hat sich besonders in klaren Gewässern bewährt. Von Bodensee, Zürichsee, Lago Maggiore, Vierwaldstättersee und Walensee erhalte ich immer wieder tolle «Turmalin»-Fangmeldungen. 


Perlmutt-Spange «Jade»

Grundlage der Jade sind Perlen-Muscheln mit einer Grösse um die 20 Zentimeter und einer etwas asymmetrischen Form, was sehr interessante Laufeigenschaften bringt. Diese grünlich schimmernden Spangen sind besonders bei etwas angetrübten Wasserverhältnissen in eigentlich allen Schweizer Seeforellen-Gewässern fängig. 


Perlmutt-Spange «Opal»

Die «Opal»-Spangen gibt es in verschiedenen Farbschlägen wie Orange, Braun, Grau bis Grün und mit einer eher dunklen Innenseite. Wenn Egli oder Kaulbarsche auf dem Speiseplan der Forellen stehen, ist die «Opal» einen Versuch wert. Dank ihrer speziellen Krümmung kann diese Spange auch sehr langsam geschleppt werden. Die Produktion ist nicht einfach, da wenig gutes Rohmaterial zu Verfügung steht.


Perlmutt-Spange «Tiger»

Die «Tiger»-Spangen sind aus weissem Perlmutt mit einer charakteristischen, schwarz-braunen Tiger-Zeichnung. Die «Tiger»-Spangen gibt es in Ausführungen bis zu 20 Zentimetern. Vor allem im Brienzer- und Thunersee sind sie beliebt. 

 

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