[Süd-Finnland]</br>Yli-Kaitala – ein besonderer Ort
27 | 10 | 2025 ReisenText & Fotos: Nils Anderson 0447
27 | 10 | 2025 Reisen
Text & Fotos: Nils Anderson 0 447

Süd-Finnland
Yli-Kaitala – ein besonderer Ort

Skandinavien ist ein Paradies für Hobbyfischer. Die Seen und Fische sind zahlreich, die Natur atemberaubend und die Leute entspannt und zuvorkommend. Chefredaktor Nils Anderson besuchte mit seiner Familie die vielfältigen Gewässer von Yli-Kaitala und lernte dabei herzliche Gastgeber kennen.


Kaum in Finnland angekommen, erhalte ich eine Mail von einem Schweizer, welcher zwei Wochen vor mir vor Ort war. Er freut sich sichtlich für uns, dass wir hier eine Woche verbringen können und gibt mir Tipps für den Fang. Die Fischerei sei zwar harzig gewesen, meint er, aber trotzdem ein grossartiger Aufenthalt. Das mit der harzigen Fischerei, ja, das kann es geben. Und das war es offensichtlich quasi überall in Skandinavien in diesem ausserordentlich heissen Sommer. Dass es mit dem Fischvorkommen wenig zu tun hat, wird sich mit den ersten Ausfahrten schnell bestätigen. Zwischendurch könnte man meinen, dass beim Echolot der Demo-Modus eingestellt sei, so viele Fische tummeln sich hier.

 Eine schöne Eglistrecke, die ich an einer Schilfkante in kuzer Zeit erbeuten konnte.

Eine schöne Eglistrecke, die ich an einer Schilfkante in kuzer Zeit erbeuten konnte.


Couch, Veranda und Sauna

Für finnische Massstäbe ist die Anreise ein Katzensprung. Kaum hat man sich eingelebt auf den Autobahnen, geht es bei Lahti schon wieder auf eine Hauptstrasse und für die letzten paar Kilometer der Reise auf eine ungeteerte Strasse, wie es sich für Finnland gehört. Sie führt vorbei an Wäldern und Feldern, welche für kurze Momente den Blick aufs Wasser freigeben, was die Vorfreude ungemein steigert. Vor Ort angekommen, wird man von der Besitzerfamilie herzlich empfangen. Wir beziehen ein prächtiges Blockhaus, hübsch anzusehen und hochwertig ausgestattet: bequeme Betten, eine geräumige und gut eingerichtete Stube, eine gepflegte Küche, grosse Veranda mit Grill und selbstverständlich eine Sauna. Aber diese ist in Finnland ja sowieso obligatorisch. 

Und das Beste am Ganzen: Zum eigenen Bootssteg sind es bloss ein paar Meter. Von der Veranda kann man etwa vorbeiziehende Kraniche und Wildgänse beobachten und es gäbe wohl noch eine ganze Reihe weiterer Vogelarten zu entdecken, hätte man nicht nur Fische im Kopf.

 Die Häuser sind unmittelbar am Wasser gelegen, was einer spontanen Bootsfahrt am Abend sehr entgegenkommt.

Die Häuser sind unmittelbar am Wasser gelegen, was einer spontanen Bootsfahrt am Abend sehr entgegenkommt.


Rasche Wetterwechsel

Am nächsten Morgen geht es ein erstes Mal auf den See. Unser Busterboot ist ausreichend motorisiert, um schnell jeden Punkt im ganzen Gebiet zu erreichen. Mit dabei sind ein E-Motor, ein gutes Echolot und ein geräumiger Feumer. Schnell werde ich dabei mit den klimatischen Eigenheiten konfrontiert: Der Süden Finnlands ist flach und entsprechend eilig hat es das Wetter. Die Wolken ziehen tief und die Bedingungen können sich sehr schnell ändern. Dichter Morgennebel, Gewitter, Regenfronten, sonnige Windstille an ein und demselben Tag sind hier üblich. Zum Glück sind Wellen hier selten ein Problem, da die Wasserflächen nicht allzu gross sind.

Was für ganz Skandinavien gilt, konnte ich auch hier beobachten: Nicht alle Windrichtungen schmecken den Fischen gleichermassen. Zum Teil können ihre Mäuler wie vernagelt sein. Es lohnt sich, bei Beissphasen immer auf die Windrichtung zu achten. An schwierigen Tagen findet man so doch noch die Fenster, in welchen die Hechte, Egli und Zander zum Rauben aufgelegt sind.


Das Besondere am Yli Kaitala-Resort

Dass das Yli Kaitala-Resort tatsächlich etwas Besonderes ist, zeigt sich an vielen Orten. Noch immer ist es ein Bauernbetrieb, die Familie betreibt Ackerbau, sie haben aber auch ein Eventlokal mit Restaurantküche, Schiesskino und nennen auch die wohl extravaganteste Sauna ganz Finnlands ihr Eigen. Seniorchef Markku zeigt uns stolz die Geschichte des Betriebs, das Haus etwa, in welchem sein Grossonkel einst Geigen baute, die Portraits der im Krieg gegen Russland gefallenen Vorfahren oder die Waldhütte, in welcher auf Tierhäuten die Geschichte der Ureinwohner Finnlands dargestellt ist, sowie die ganz neu erstellte Solaranlage, die den Betrieb mit eigenem Strom versorgt. Man merkt, hier herrscht ein innovativer und wohlüberlegter Geist. Über allem liegt der Geruch von frischem Wald und Birkenrauch. Holz ist hier allgegenwärtig. Markku ist ein leidenschaftlicher Jäger und Fallensteller, er nimmt mich mit, um die Krebsreusen zu heben. Juniorchef Pentti hingegen hat das grosse Ganze souverän im Blick und Seniorchefin Virti ist die gute Seele des Betriebs. Die Yli-Kaitalas sind herzensgute Menschen und findige Geschäftsleute in einem, eine Kombination, die man nicht überall antrifft.

 Blick ins gediegene Innenleben des neusten Ferienhauses von Yli-Kaitala.

Blick ins gediegene Innenleben des neusten Ferienhauses von Yli-Kaitala.


Fischen mit Kindern

Wie üblich, sind es vor allem Fischerfreunde, die hier zusammen ihre Ferien verbringen. Doch auch mit Kindern funktioniert das Resort hervorragend. Die nahen Distanzen und die relativ windgeschützte Lage kommen Bootsausflügen mit Kindern entgegen. Eine Rute mit Dropshot sorgt für Juniorfänge und wenn den Kleinen mal nicht nach Fischen ist, können sie sich auf dem Spielplatz, auf der vorgelagerten Insel mit Feuerstelle oder mit dem Velo die Zeit vertreiben. In der nahe gelegenen Ortschaft Kausala findet man zudem alles, was man braucht: zwei Supermärkte, ein Geschäft mit dem wichtigsten Fischereizubehör und ein Boutique-Laden mit hervorragender Fleischtheke und vielen Mitbringseln, wie etwa geräucherten Egli aus der Dose; mitunter die beste Fischkonserve, die ich je essen konnte.

«Welcome to the best place in the World!», sagte mir Markku zur Begrüssung. Es gibt bekanntlich viele beste Orte auf dieser Welt, aber das Yli-Kaitala-Resort darf man getrost dazu zählen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass man beim Abschied fest entschlossen ist, gleich wieder zurückzukommen.

 Dank der geschützten Lage (und den Egli-Beständen) kann man hier gut auch mit Kindern fischen.

Dank der geschützten Lage (und den Egli-Beständen) kann man hier gut auch mit Kindern fischen.


Die Gewässer


Kettujärvi

Direkt vor der Haustüre liegt bereits das erste spannende Gebiet. Der Kettujärvi ist eigentlich kein grosser See. Er verfügt aber über eine grosse, interessante Tiefenzone von sechs bis knapp neun Metern. Hier finden sich zahlreiche Fischschwärme ein. An windstillen Tagen kann man sie gar aus der Distanz an der Oberfläche erspähen. Nicht selten passiert es, dass die Egli hochkommen, um zu rauben. Jetzt heisst es, sofort einen Wobbler zur Hand zu haben und zu werfen. Doch auch zwei Etagen tiefer kriegt man die Fische an den Haken. Hier kommen vor allem Gummifische am Bleikopf zum Einsatz. Diese dürfen auch relativ klein sein. Es lohnt sich sehr, mit der Grösse der Gummis und dem Gewicht der Köpfe zu experimentieren, um herauszufinden, welches Verhalten den Räubern gerade zusagt.

Ebenso interessant sind aber auch die flachen Regionen, so am Südende, an welchem sich einige der Häuser befinden. Hier ist das Wasser nur zwischen einem und anderthalb Meter tief und lose mit Seerosen bewachsen; gerade genug, dass sich mit konventionellen Ködern nicht vernünftig fischen lässt, für Topwater-Köder oder solche mit Krautschutz aber umso interessanter. Vor allem in der langen Dämmerungsphase lohnen sich hier, quasi zum Austrudeln eines langen Fischertages, noch ein paar Würfe, bei welchen man auch mit grösseren Überraschungen rechnen darf. Ebenso das seichte und relativ weitläufige Nordende dürfte, wenn es die Vegetation zulässt, voller Futterfische und damit auch voller Hechte und Egli sein. Bei meinem Besuch war das Pflanzenwachstum allerdings bereits zu weit fortgeschritten.

 Drohnenblick auf den Kettujärvi von Süden her. Linkerhand hinter den Inseln geht es zum Kymijoki und Arrajärvi.

Drohnenblick auf den Kettujärvi von Süden her. Linkerhand hinter den Inseln geht es zum Kymijoki und Arrajärvi.


Kymijoki

Eine Wundertüte ist der Kymijoki, der sich von Norden nach Süden bewegt. Es ist ein erstaunlich grosser, langsam fliessender Fluss mit klarem Wasser. Im Basispatent inbegriffen ist der mittlere Teil des Gewässers. Im unteren Teil darf nur mit hochgeklapptem Motor gefischt werden. Hier ist insbesondere der Abschnitt rund um die Insel Linnasaari zu nennen, der über eine sehr interessante Struktur verfügt. Der obere Teil bis zum Vuolenkoskistau ist mit einem dritten Patent befischbar. Der Fluss ist fast durchgehend 10 bis 12 Meter tief und beherbergt nebst Egli, Zander und Hecht auch verschiedene Forellenarten und sogar den einen oder anderen Lachs. Letzterer ist allerdings geschützt und darf nicht entnommen werden. Am Kymijoki sind andere Techniken gefragt als an den Seen: Mit dem grossen Gummifisch den Hechten an den Kanten nachstellen, langsam treibend vertikal mit schweren Ködern die Räuber am Grund überlisten oder oberflächennah und fein mit dem Wobbler fischen mit dem Wissen, dass Forellen scheue und schlaue Räuber sind.

 Die südfinnischen Hechte brauchen sich nicht zu verstecken!

Die südfinnischen Hechte brauchen sich nicht zu verstecken!


Arrajärvi

Das dritte Gewässer ist der Arrajärvi, welcher wie der Kettujärvi an den Kymijoki angeschlossen ist. Dieser besteht aus zwei unterschiedlichen Teilen. Näher am Kymijoki ist das Wasser klar, der Seegrund relativ flach und die Fische nicht ganz einfach zu finden. Hier sind es vor allem die Uferzonen, die einen Versuch lohnen, sowie die Bereiche mit Kraut. Flachlaufende, schlanke Löffel oder Spinner sind die Köder der Wahl, um die Hechte oder Egli aus der Deckung zu locken. Der untere Teil ist deutlich trüber und verfügt über zwei grössere Becken mit der optimalen Zandertiefe von fünf bis sieben Metern. Hier stapeln sich die Fische fast schon, die Fischdichte ist aus­ser­ge­wöhnlich hoch. Der Fang ist trotzdem nicht einfach. Zum einen ist der See ausserordentlich strukturarm und die Fische können sich überall in der gesamten Wassersäule aufhalten, vom Grund bis knapp unter die Oberfläche. Es lohnt sich nach den paar wenigen Strukturen Ausschau zu halten; ein paar grössere Steine am Grund reichen bereits, um einen zuverlässigen Standort abzugeben. Man darf allerdings davon ausgehen, dass der Köder bei jedem Wurf an einem potenziellen Abnehmer vorbeigezogen wird. Hier kommt es sehr auf die Köderführung, Grösse und Farbe des Köders an; wer den Code knacken kann oder schlicht und einfach zur rechten Zeit am richtigen Ort ist, wird reich belohnt werden!

 Zander-Doppelpack aus dem Arrajärvi – perfekt für die Küche.

Zander-Doppelpack aus dem Arrajärvi – perfekt für die Küche.

 


Andino-Reisen

Die Unterkünfte von Yli-Kaitala können wochenweise gemietet werden.
Im Angebot inbegriffen sind Flug, Mietauto, Boot und Unterkunft.
Die Angelsaison dauert von April bis Oktober.
Zielfische sind Hecht, Egli und Zander.

Weitere Informationen und detaillierte Auskünfte auf der Webseite andino.ch



Zander-Guiding erster Güte

Bei meinem Aufenthalt auf Yli-Kaitala komme ich in Genuss eines Weltklasse-Guidings durch Antti Pajunen, der vollamtlich Guidings anbietet. Man merkt sofort, dass Antti eine Tourismus-Ausbildung hat, er ist ein zuvorkommender, unterhaltsamer Guide, mit dem man noch so gerne ein paar Stunden fischend verbringt. Sowohl das Boot als auch das Fischereigerät lassen keine Wünsche offen.

Antti nimmt mich mit in den südlichen Teil des Arrajärvi, wo ich den Fischreichtum auf dem Live-Scope-Bildschirm bestaunen darf. Diese Technik ist, und da macht auch Antti keinen Hehl daraus, ein krasser Gamechanger. «Es ist eine gefährliche Waffe, in den falschen Händen lässt sich damit ein Fischbestand in Windeseile zugrunde richten». Für mich ist es eine Mischung aus Lehrstunde und Computerspiel. Erstens, weil ich genau beobachten kann, wie sich der Köder verhalten muss, damit der Fisch zuschlägt und welche Führungsfehler ich um jeden Preis vermeiden muss. Zweitens, weil bei dieser Fischerei Eingebung und Fischereiinstinkt keine Rolle mehr spielen und man andauernd auf einen Bildschirm schaut. Gekonnt steuert er Fisch um Fisch an und richtet das Boot per Heck- und Bugmotor so aus, dass ich einfach vorne in der Flucht meinen Köder platzieren muss. «10 Meter» heisst es dann etwa. Auf dem Bildschirm kann man verfolgen, wie der Köder sinkt, wie man ihn anhebt und ob der Fisch reagiert.

 Antti hat das Neuste auf dem Boot. Hier einer der aktuellen Top-Köder für finnische Hechte.

Antti hat das Neuste auf dem Boot. Hier einer der aktuellen Top-Köder für finnische Hechte.

Die Fische müssen wir an diesem Morgen nicht suchen, alle paar Meter finden wir einen oder mehrere Zander. Immer wieder entdeckt Antti grosse Fische. Die grössten angeworfenen Zander sind über 90 Zentimeter lang, wie er mir versichert. Und die Hechte, welche sich an meinem Köder vergreifen, gar noch eine Runde grösser. Doch ins Boot springen einem die Zander im Moment nicht, schon gar nicht die grossen. Trotzdem fangen wir in weniger als zwei Stunden vier perfekte Küchenzander mit einer Länge zwischen 55 und 60 Zentimeter. Grössere Fische setzt Antti konsequent zurück und fischt in erster Linie Zander an, die hoch genug stehen, damit sie keine Schäden durch den Druckunterschied davontragen. Nebst hochklassigen Fischerruten und einer grossen Auswahl an perfekt hergerichteten Ködern darf sich auch die Verpflegung sehen lassen. Zum Mittagessen serviert Antti ein geräuchertes Zanderfilet, welches auf einem kleinen Gasgrill heiss gemacht wird.

 Zu einem guten Guiding gehört auch die richtige Verpflegung, zum Beispiel ein heissgeräuchertes Zanderfilet.

Zu einem guten Guiding gehört auch die richtige Verpflegung, zum Beispiel ein heissgeräuchertes Zanderfilet.

Antti Pajunen kann man tageweise buchen. Er bietet seinen Guidingservice auf allen wichtigen Gewässern Südfinnlands an. Es lohnt sich, ein Guiding gleich zu Beginn der Fischerferien zu buchen. So erspart man sich unter Umständen ein langwieriges Herantasten an die Eigenheiten des jeweiligen Gewässers.

extremefishing.fi

 

0 Kommentare


Keine Kommentare (Kommentare erscheinen erst nach unserer Freigabe)


Schreibe einen Kommentar:

Zurück zur Übersicht

Das könnte Dich auch interessieren: