29 | 08 | 2019 | Schweiz | 3 | 9159 |
29 | 08 | 2019 | Schweiz |
3 9159 |
Tippfischen im Tessiner Bergbach
Das «Fischerparadies Tessin» bietet jedem etwas. Vom Bergsee über die zahlreichen Bäche und Flüsse bis zu den grossen Seen an der italienischen Grenze. «Petri-Heil»-Redaktor Fabian Loosli zeigt das anspruchsvolle Tessiner Bergbach-Fischen, welches im Valle Maggia, Valle Verzasca und vielen weiteren Tälern möglich ist.
Das Tessin! Natur pur, faszinierende Landschaften, steile Täler, fast unberührte Wälder und Gipfel. Staunend fahre ich jeweils durch die Tessiner Täler. Die Bergbäche leuchten türkisgrün aus den tiefen Schluchten. Das Wasser schlängelt sich an Felswänden entlang oder stürzt wild zwischen grossen Steinen herunter. Kleine Seitenbäche plätschern versteckt im dichten Grün, und im glasklaren Wasser entdeckt der geübte Beobachter die Bachforellen auch von weit oben herab. Das Fischen in diesen Gewässern ist jedes Mal ein unvergessliches Erlebnis.
Über Stock und Stein
An einem frühen Morgen Ende Juli treffe ich meinen erfahrenen Fischerfreund Urs Schmid. In den wilden Tessiner Bächen ist es empfehlenswert, mit einem eingefleischten Fischer mitzugehen, welcher die Wege zu den Bächen und die guten Stellen kennt. Denn die steilen Pfade zum Bach herunter sind von den Wanderwegen aus kaum erkennbar und entsprechend gefährlich. Urs fischt schon seit Jahrzehnten in den wilden Bächen und kennt diese wie seinen Hosensack. Wir wandern eine gute halbe Stunde durch den Wald zum Bach herab. Bereits von weitem ist das eindrückliche Rauschen zu hören, der Adrenalinpegel steigt und das Fischerherz beginnt schneller zu schlagen. Ich wähle gute Wanderschuhe, sie sind ideal, um zu laufen und auch mal länger in den Bach zu stehen oder gar zu waten. Nur bei tieferen Temperaturen ziehe ich Wathosen oder Fischerstiefel an. Wichtig ist, dass ich einen festen Tritt habe und mich gut bewegen kann, da das Gelände teils extrem unwegsam ist. Zusätzlich können die Steine am und im Bach rutschig sein und manchmal muss man über grosse Steine oder entlang von Felsvorsprüngen klettern. Somit ist auch eine gute körperliche Verfassung eine wichtige Voraussetzung, um an diesen Gewässern fischen zu können.
Einfaches Gerät
Unten angekommen bereiten Urs und ich unsere Ruten vor. Wir beide bevorzugen in diesen wilden Gewässern das Tippfischen. Dafür ist im Tessin weniger mehr. In eine kleine Umhängetasche packe ich Ersatzhaken, Ersatzwolle, Ersatzblei, Vorfach, Patent, Längenmass, Köderbox, Plastiksack, zwei Handtücher und ein Sackmesser. Empfehlenswert ist, die Ausrüstung einfach zu halten, spätestens beim Klettern und Waten ist man froh darum. Ich verwende eine Stucki Varia. Diese sechs Meter lange Tipprute ermöglicht ein distanziertes Fischen, wodurch das Risiko des Verscheuchens minimiert werden kann. Meine Rolle ist eine alte Mitchell MX 60. Beim Tippfischen und diesem Gelände ist es nicht nötig, die besten Rollen an den Ruten zu haben. Einerseits ist der Platz zum Auswerfen begrenzt und anderseits leidet das Material beim Klettern durchs Gebüsch und über Felsen. Als Hauptschnur wähle ich 0,28 mm-Silch und als Vorfach 0,18er bis 0,22er in einer Länge von 50 bis 80 cm. Dazwischen binde ich einen Wirbel ein, welcher hilft, den Köder schön in der Strömung zu präsentieren. Etwa einen Meter oberhalb des Wirbels binde ich einen roten Wollfaden in die Hauptschnur, welcher mir die Schnurposition im Wasser anzeigt. Je nach Wassermenge und Strömung sind zwei bis vier Gramm Blei ideal; diese montiere ich zehn bis 15 Zentimeter unterhalb des Wirbels. Ans Ende der Montage knüpfe ich einen Haken der Grösse 4 oder 6. Gerne fische ich hier mit Naturködern. Sei es Wurm, Bienenmade oder «Heugümper»; die Bachforellen beissen sehr gut auf diese Köder und sie sind einfach und günstig zu beschaffen.
Los gehts!
Mit dem Wurm fischen wir die Gumpen flussaufwärts ab. Grosse Felsen im Bach bieten willkommenen Schutz, um sich ideal an die Gumpen anpirschen zu können. Die Bachforellen sind in diesen Gewässern äusserst scheu und bemerken jede Unregelmässigkeit. Laute Geräusche, Schattenwurf und hektische Bewegungen muss der erfolgreiche Fischer verhindern. Bereits bei den ersten Würfen bekommen wir Bisse und können einige untermassige Forellen (Mindestmass Bachforelle 24 cm) sorgfältig wieder zurücksetzen. Nach etwa einer halben Stunde findet sich eine schöne und tiefe Gumpe. Urs pirscht sich an einen Felsen und setzt den Wurm mit einem eleganten Wurf ins schäumende Wasser, direkt dort, wo das Wasser einläuft. Der Köder treibt schön mit der Strömung an einem grossen Stein vorbei. «Zack!» Ein heftiger Biss und Urs landet eine wunderschön gezeichnete Bachforelle mit 34 cm. Voller Freude ruft er mich und zeigt mir den Fang. Nachdem Urs den Fisch betäubt und mit Kiemenschnitt getötet hat, wickelt er ihn achtsam ins feuchte Baumwolltuch. Darin halten sich die Fische am besten frisch. Anschliessend platziert er den eingewickelten Fang in der Rückentasche des Fischergilets.
Die ganze Schlucht hoch
Jetzt blockiert ein grosser Felsen unseren Weg. Mit Hilfe eines angeschwemmten Holzstamms bauen wir uns eine Kletterhilfe, und nur mit gegenseitiger Unterstützung schaffen wir es, das Hindernis zu bezwingen. Oben angekommen pirsche ich voraus. Eine Gumpe mit etwa 20 Meter Durchmesser und einem eindrücklichen Wasserfall befindet sich vor mir! Ich verschaffe mir schnell einen Überblick und finde auf der anderen Seite einen guten Platz. Dafür muss ich den Bach überqueren und auf einen Felsen klettern. Dank der Sonnenstellung und der grossen Wassertiefe der Gumpe bin ich für die Bachforellen nicht erkennbar. Von dort oben gelingt es mir, den Wurm ideal im Wasser zu platzieren und ihn mit der Strömung möglichst natürlich treiben zu lassen. Nach einigen Würfen spüre ich einen starken Ruck in der Schnur. Der Widerstand ist nicht starr, sondern dynamisch! Schnell merke ich, dass eine grössere Bachforelle angebissen haben muss. Und tatsächlich: Nach kurzem Drill kann ich eine schöne Bachforelle mit 42 cm landen. Mit Stolz und Freude präsentiere ich Urs den Fang und packe ihn nach dem gleichem Verfahren in meine Umhängetasche. So fischen wir total fünf Stunden die ganze Schlucht hoch, bis wir an einer Stelle anlangen, wo wir nur noch mit Schwimmen weitergekommen wären.
Das Beste kommt zum Schluss
Hier weiss Urs genau, wo wir hochgehen können. So klettern wir durch Gebüsch, Brennnesseln und über Felsen zum Wanderweg hoch. Erfüllt vor Freude und völlig zufrieden wandern wir zurück. Auf dem Heimweg entdeckt Urs drei Meter neben dem Weg einen Steinpilz, welcher unsere üppige Beute noch zusätzlich aufwertet. Beim Rustico angekommen freut man sich über den tollen Fang. Auf der Wiese neben dem Rustico wächst Thymian, wovon wir jeweils einige Zweiglein in die ausgenommenen Forellen legen. Die Fische können den Thymian-Geschmack während der Lagerung im Gas-Kühlschrank aufnehmen. Am späteren Nachmittag würze ich dann die Forellen mit Salz und Pfeffer und wende sie im Mehl. Anschliessend braten wir sie mit Butter in einer Pfanne über dem Feuer schön knusprig. Zu einem feinen Glas Chasselas geniessen wir den üppigen Fang mit frischem Brot aus dem Holzofen und lassen den erfolgreichen Tag gemütlich ausklingen.
3 Kommentare
nils | 10 | 06 | 2024 |
auf den Tourismusbüros im Tessin.
siehe auch: https://www.petri-heil.ch/de/home/fischerinfos/tessin--89
oder noch besser im «Fischen in der Schweiz 2024» (im Shop erhältlich)
Noe | 20 | 08 | 2024 |
Wo geht ihr im Tessin fischen?
Yannick
Wie kommt man an die patente und wie Teuer?