14 | 11 | 2020 | Schweiz | 0 | 7262 |
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Wo liegt die Wurzel allen Übels?
Die Renaturierung/Revitalisierung unserer Gewässer wird gerne als Allheilmittel gegen den massiven Forellen- und Äschenschwund angepriesen. Kein vernünftiger Fischer hat etwas gegen Wiedergutmachung am Wasser, im Gegenteil: «Fischer schaffen Lebensraum».
Im vielbeachteten Buch «Tatort Bach» werden die millionenschweren Sünden der letzten Jahrzehnte aufgezeigt. Vor allem aber zeigt der Autor Roland Herrigel, wie man fischgerecht revitalisieren kann. Wir Fischer sollten uns auf diesem Gebiet vermehrt einbringen.
Falsch machen kann man auch einiges beim Fischbesatz. Leichtsinnige Fischereiverwalter besetzten im letzten Jahrhundert landauf landab mit ausländischem oder ungeeignetem Nachwuchs. Praxisorientierte Biologen und Fischzüchter haben inzwischen Richtlinien für einen massgeschneiderten, sinnvollen Besatz erarbeitet.
Beispiel Linthkanal
Vor zehn Jahren wurde der Kanal zwischen Walen- und Zürichsee renaturiert. Gleichzeitig wurde der Fischbesatz reduziert und teilweise gestoppt. Alles richtig gemacht? In den Augen gewisser Befürworter Ja. Aber zu den aktuellen Fangzahlen schreibt die Fischereiverwaltung: «Der Gesamtfang im Linthkanal erreichte 2018 ein historisches Tief. Die Zahl ist 2019 nochmals leicht gesunken. Mit nur noch 215 Kilogramm ist dies erneut der tiefste Fang seit Bestehen der Linthkanal-Fangstatistik im Jahr 1940.»
Zur Erinnerung: In den Jahren 1960 bis zum Kormoranmassaker 1985 wurden einigermassen regelmässig jährlich um die 3000 kg Äschen gefangen. Das ist kein Schreibfehler! Über zehnmal mehr als heute – allein an Äschen … Niemandem käme es in den Sinn, zu behaupten, dass die aufwendige Renaturierung Schuld sei am Fischschwund. Aber ebenso unsinnig ist der Rückschluss, der Fischbesatz hätte zur Äschen- und Forellenmisere beigetragen.
Ein gebeuteltes Dreigestirn
Revitalisierungen können an kleineren Gewässern relativ rasch zu einer Erhöhung der Fischbestände beitragen und die Naturverlaichung der Forellen fördern. Ausweitungen und ein paar Störsteine fürs Auge lassen jedoch ein Forellengewässer schnell zu einem Aletgewässer verkommen, zu gross ist die Erwärmung, wenn die Beschattung fehlt.
Allerdings haben wir über zwei Drittel der Äschen- und Forellenbestände in unseren grösseren Fliessgewässern im Mittelland verloren. Und zwar auch in naturnahen Gewässern, wo wenig Renaturierungsbedarf besteht. Nehmen wir drei Flüsse, schön verteilt über die Schweiz: Toggenburger Thur, Sense und Doubs. Jeder ältere Fischer kommt ins Träumen über die dortigen Forellen- und Äschenvorkommen vor zwanzig, dreissig Jahren.
In diesem Dreigestirn ist der Fischbestand nicht zu retten mit Renaturierung/Revitalisierung, weil die Gewässer einigermassen naturbelassen fliessen. Mit Fischbesatz wohl auch nicht – oder zumindest nur noch zur Arterhaltung der Salmoniden. Fischwohnungen gibt es zwar genug, aber sie stehen leer! Zu viel Schaden richten Schwall/Sunk, Prädatoren, Pestizide und andere giftige Einträge an.
Wir brauchen Taten nicht Ideologien
Bereits im langjährigen Projekt «Fischnetz» rätselte die Schweizer Fischereiwissenschaft über die Ursachen der katastrophalen Bestandeseinbrüche. Zehn Jahre später wissen wir wenig mehr. Klar kann man gebetsmühlenartig das Allheilmittel Renaturierung preisen, aber die wirklichen Ursachen bleiben ungeklärt. Wir Fischer betrachten die Fischereibiologen nicht als Feinde, nur weil ein paar Aussenseiter den Fischbesatz als Wurzel allen Übels betrachten. Die Mehrheit unserer kantonalen Fischereiverwaltungen verfolgt eine praxisbezogene Strategie und die Fischereiaufseher an der Front engagieren sich für die artgerechte Aufzucht. Liebe Freunde, lasst uns gemeinsam wirkungsvolle Massnahmen anpacken, um zu retten, was zu retten ist im einstigen Forellenland Schweiz.
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