Die Krux mit dem Haken
26 | 09 | 2016 SchweizText: Dominique Lambert 08222
26 | 09 | 2016 Schweiz
Text: Dominique Lambert 0 8222

Die Krux mit dem Haken

Was gilt jetzt: Sind Widerhaken verboten oder doch erlaubt? Die richtige Antwort: Ein ganz klares «Jein».


Folgende Situation hat sich wirklich so zugetragen: Ein Fliegenfischer angelt in einem Berner Fluss, fängt aber keinen Fisch, sondern reisst seine Montage an einem überhängenden Ast ab. Klar, ist uns allen doch auch schon passiert – bis hierhin also nichts Spannendes. Gedankenversunken knüpft unser Fischer eine neue Nymphe ans Vorfach, wirft diese aber nicht aus, sondern entschliesst sich nach einem Blick auf die Uhr, zum Auto zurückzukehren.
Unterwegs dorthin wird er von Fischereiaufsehern kontrolliert. Da an seiner montierten Nymphe noch der Widerhaken dran ist, wird dem verdutzten Fischer mitgeteilt, er habe sich des Vergehens gegen das Gesetz schuldig gemacht. Dass die Nymphe – noch knochentrocken – keinen einzigen Tauchgang unternommen hat, scheint in dieser Situation nicht von Bedeutung zu sein…


Wie sieht das rechtlich aus? Mal so, mal so!

«Das kann doch nicht sein!» war die Reaktion des Fischers, als er sich mit dieser Geschichte bei uns in der «Petri-Heil»-Redaktion meldete. Und auch wir waren der Meinung, dass hier etwas falsch gelaufen sein musste. Natürlich wollten wir es genauer wissen und fragten in vier Deutschschweizer Kantonen nach, wie eine solche Situation gehandhabt würde. Um es gleich vorwegzunehmen: Keine zwei Antworten waren gleich, sondern alle beurteilen ein und dieselbe Situation unterschiedlich.
Daraus lassen sich für uns Fischer zwei Schlüsse ziehen: Erstens, dass wir nach wie vor in einem föderalistischen System leben, wo halt immer noch der «Kantönligeist» herrscht. Und zweitens, dass wir in jedem Kanton, in dem wir fischen, die dort gültigen Widerhaken-Regelungen genau kennen müssen. Ansonsten machen wir uns möglicherweise strafbar. Und zwar nicht nur «ein bisschen», sondern so richtig.


Zürcher büssen nur, wenn Verfehlungen beobachtet werden

Der Fischereiadjunkt des Kantons Zürich, Dr. Andreas Hertig, erklärt, dass in seinem Kanton das Mitführen von unerlaubten Gerätschaften in der Köderbox am Wasser oder an der Rute beim Parkplatz nicht explizit verboten ist. «Im geschilderten Fall würde im Kanton Zürich von einer Anzeige abgesehen, wenn der Fischer nicht vorgängig dabei beobachtet wurde, wie er nach dem Auswerfen bzw. Einholen der Angel direkt zum Auto ging und dort sofort mit dem gesetzeswidrigen Gerät kontrolliert wurde. Eine trockene Nymphe würde dabei natürlich belegen, dass keine Übertretung vorliegt.»


Im Thurgau wird differenziert

Roman Kistler, Fischereiverwalter des Thurgaus, schreibt: «Diese Situation lässt sich nicht pauschal beantworten. Sollte sich die Situation an einem Gewässer ereignen, wo in den Vorschriften explizit festgehalten ist, dass im oder am Gewässer nur zulässige Fanggeräte mitgeführt werden dürfen (beispielsweise Bodensee-Obersee, Untersee), muss der Kontrollierte mit einer Verzeigung rechnen. An andern Gewässern, wo das Mitführen von zulässigen Fanggeräten nicht explizit definiert ist, wird der Kontrolleur von einer Verzeigung absehen, da der Nachweis des nicht erlaubten Einsatzes des Wider­hakens nicht erbracht werden kann.»
Im gesamten Bodensee ist übrigens, wie auch im Zürichsee, der Widerhaken beim Einerhaken erlaubt, während er beim Drilling verboten ist.


St. Gallen macht keine klaren Vorgaben

Dr. Dominik Thiel, Fischereiverwalter des Kantons St. Gallen, schreibt: «Solche Fälle werden vom Untersuchungsrichter beurteilt, wenn eine Strafanzeige gemacht wurde. Dann wird ein solcher Fall unter anderem auch in Bezug zur Fahrlässigkeit und Vorsätzlichkeit beurteilt, wie ein solches ‹Versehen› vom Betroffenen begründet wird, usw.»
Bevor vom Amt aus eine Anzeige erstattet wird, werde der Fall jeweils zuerst mit dem Vorgesetzten oder dem Rechtsdienst vorbesprochen, damit der Fischereiaufseher vor Ort die notwendigen Vorkehrungen treffen könne, erklärt Thiel.


Konsequent im Bündnerland

Bei den angefragten Kantonen sticht der Kanton Graubünden mit seiner Antwort heraus: «In Graubünden ein klarer Fall: Der Fischer wird mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken gebüsst. (Mitführen von Widerhaken)», schreibt Dr. Marcel Michel vom Amt für Jagd und Fischerei Graubünden. Weiter führt er aus: «Wären die Widerhaken im Auto und nicht auf Mann, würde er nicht gebüsst.»
Das heisst also, dass im Bündnerland auch dann eine Busse ausgesprochen wird, wenn ein Haken im mitgeführten Angelkoffer (beispielsweise an einem erst gerade gekauften Löffel) noch Widerhaken dran hat.


Und was lernen wir daraus?

Die Schweiz bietet uns – bis auf Meeres­fischerei – die meisten Facetten unseres schönen Hobbys. Daher reisen wir gerne fischend durch unser Land. Gerade jetzt im Herbst ist dies landschaftlich besonders faszinierend. Fischt man an einem neuen Gewässer, sollte man sich unbedingt die Frage stellen, ob man mit den Richtlinien in Sachen Angelgerät vertraut ist – und ob die persönliche Ausrüstung diesen Vorschriften auch entspricht. Im Zweifelsfall lohnt es sich, kurz beim entsprechenden Amt nachzufragen (die Adressen findet man in der Fischeragenda).
Sind Sie up to date, wie es rechtlich aussieht in Bezug auf den Widerhaken in Ihrem «Stamm-Gewässer»? Auch dort könnte es in letzter Zeit Änderungen gegeben haben. Und: Haben Sie wirklich nur entsprechendes Gerät in Ihrem Angelkoffer? Je nach Kanton ist das nämlich ebenso entscheidend wie die Frage, mit was Sie fischen…

 

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