03 | 05 | 2017 | Schweiz | Video | 0 | 8374 |
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Eglibaumprojekt Thunersee
Unter der Leitung des jungen Fischervereins «Highland Fishing» und tatkräftiger Unterstützung von «derFischereiverein.ch» wurde am Thunersee ein Egli-Laichhilfe-Projekt realisiert. Dass dabei einiges mehr als eine Handvoll ausrangierte Christbäume gefragt ist, zeigte der Augenschein vor Ort.
Nachdem sie einen Aufruf im Lokalradio gemacht hatten, konnten die Initianten Anfang Januar rund 300 Bäume einsammeln. Die ausrangierten Weihnachtsbäume wurden auf dem Areal eines Betonherstellers in Einigen, gleich beim Kander-Delta während rund zweier Monate gelagert, damit sich die Tannin-Imprägnierung der Nadelbäume verflüchtigen konnte. In dieser Zeit wurden die Bäume mit Juteschnur an Kalksandsteinen befestigt.
Die Eglibäume ersetzen das fehlende Treibholz, das bei Hochwasser in den See gelangen würde. Dieses wird vorsorglich entfernt, da es eine potenzielle Gefahr für die Flussregulation und die Schifffahrt darstellt, und kann deshalb nicht auf den Gewässergrund sinken.
Gut koordiniertes Projekt
Einer grossen Vorbereitungsarbeit folgt ein relativ kurzer, aber bestens koordinierter Einsatz. Ein gutes Dutzend Fischerboote sind an diesem Samstagmorgen im Einsatz. Die Seepolizei und das bernische Fischereiinspektorat betreuen das Projekt vor Ort. Innert weniger Stunden sind die rund 300 Bäume an Ort und Stelle. Das Eglibaumprojekt am Thunersee ist keine einmalige Hauruck-Aktion, sondern geplant als mehrjähriges Projekt. Am Schluss sollen rund 1500 Bäume innert fünf Jahren versenkt sein. Die damit strukturierte Fläche entspricht derjenigen eines Fussballstadions. Die Fischereivereine hoffen auf Nachahmer rund um den Thunersee. Finanziert wurde der Einsatz übrigens vom Ökofonds der Energie Thun AG. Pro verkaufte Kilowattstunde Thuner AAREstrom fliesst 1 Rappen in einen Ökofonds, der Projekte zur Erhaltung von naturnahen Lebensräumen und Verbesserung von Gewässern in Thun und Umgebung fördert.
Der Vorstand des jungen Fischervereins «Highland Fishing» hat mit der Unterstützung des Fischereiinspektorats des Kantons Bern ganze Arbeit geleistet. Alles wurde dokumentiert, dies nicht zuletzt mit dem Ziel, diese Arbeit interessierten Vereinen zu erleichtern. Für die involvierten Fischereivereine ist die Partnerschaft der Taucher unverzichtbar. Diese sind nicht nur für die richtige Anordnung und Verankerung der Baumformationen, sondern auch für die Dokumentation der Laicherfolge verantwortlich.
Vorbild Wohlensee
Die seit einiger Zeit im Wohlensee bei Bern versenkten Bäume veranschaulichen die Nützlichkeit der Laichhilfen. Nicht nur die Egli, die sich am Wohlensee innert kürzester Zeit prächtig vermehrt haben, sondern auch diverse Weissfischarten profitieren von den neuen Strukturen. Dieses Ziel könnte auch am Thunersee erreicht werden, auch wenn er ein klassischer Felchen-, Seesaibling- und Forellensee ist, in welchem weder Weissfische noch der Egli das Gewässer dominieren werden.
Erfolgskontrollen haben gezeigt, dass sich bei kopfüber verankerten und dicht gruppierten Bäumen die besten Resultate erzielen lassen. Stark strukturierte Gewässerabschnitte weisen eine höhere Artenvielfalt auf und sind ein willkommenes Refugium kleinerer Fische vor Prädatoren. So ist es beispielsweise für fischfressende Vögel schwieriger, ihre Beute in solchen Gewässern zu jagen.
Die Bäume dürfen bleiben
Die Standorte sind in Zusammenarbeit mit dem Berner Fischereiinspektorat vorgängig bestimmt worden. Sie befinden sich in unterschiedlichen Wassertiefen und auf verschiedenem Untergrund. Durch die standortspezifischen Erfolgskontrollen verspricht man sich Aufschlüsse für die Optimierung der Laichhilfe.
Anders als in anderen Kantonen dürfen die Bäume im Thunersee am Gewässergrund bleiben. Es gibt ähnliche Projekte, wo die Bäume wegen der Einwände der Berufsfischer, Segelschiffer oder der Kursschifffahrt nach ein paar Wochen wieder entfernt werden müssen; der Aufwand und die bürokratischen Herausforderungen sind nicht unbedeutend.
Taten statt nur Stammtischsprüche
Das in dieser Form durchgeführte Eglibaum-Projekt setzt bei den komplexen Aufgaben zur Verbesserung der Gewässerökologie an, Es ist einiges einfacher, nach dem zweiten Bier am Stammtisch auf den Tisch zu hauen und den Abschuss aller Kormorane und flächendeckenden Besatz mit Massfischen zu fordern als bei einem nachhaltigen Projekt tatkräftig mitzuhelfen. Das Thuner-Projekt verdient grosses Lob und zeigt, dass es den Berner Fischern ernst ist mit dem Fisch- und Naturschutz.
Highland Fishing
Der Verein «Highland Fishing» hat eine ausführliche Wegleitung zur Realisierung des Eglibaum-Projekts erstellt. Auf ihrer Webseite findet sich ein Link zum entsprechenden pdf. Die Wegleitung soll als Vorlage für Vereine dienen, die an anderen Gewässern ähnliche Projekte anstreben. Zudem findet sich ein sehenswerter Film über das Projekt auf der Vereinswebseite www.highland-fishing.ch.
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