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22 | 07 | 2025 | Praxis | ![]() | ![]() |
22 | 07 | 2025 | Praxis |
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Beim Wort Nachtleben denkt unser Autor Bernd Brink nicht etwa an dunkle Bars oder durchtanzte Nächte in Discos, sondern zuerst ans Fischen. Nachts am Wasser zu sein, hat seinen ganz besonderen Reiz. Mit den folgenden Tipps wird die Karpfennacht zum Erfolg.
Nachts zu fischen (wo erlaubt), ist für viele Karpfenangler selbstverständlich. Manche beschränken ihre Angelzeit sogar ganz auf die dunklen Stunden. Sie kommen spät abends ans Wasser und fahren morgens wieder heimwärts. Es entsteht der Eindruck, Karpfen wären nachtaktive Fische. Von Natur aus sind die Bartelträger aber eher tagaktiv, da sie hervorragende Augen haben, die sie zur Nahrungssuche nutzen. An wenig befischten Gewässern, vor allem bei klarem Wasser, wird man deshalb die meisten Bisse bei Tageslicht bekommen. Ohne Angeldruck fressen Karpfen nur vermehrt nachts, wenn sie zu dieser Zeit leichter an Nahrung kommen. Krebse und andere Nährtiere kommen oft erst im Schutz der Dunkelheit aus ihrem Versteck.
Aber nicht nur die leichter zu erbeutenden Nährtiere sind der Grund für nächtliche Beisszeiten. Der Uferbereich ist häufig nahrungsreich. Tagsüber herrscht hier oft viel Unruhe. Neben Enten fütternden Spaziergängern, Strassenverkehr, Badegästen und Wasser liebenden Hunden sind es nicht selten Angler, die die Fische in die Flucht jagen. Die alte Fischertugend «Ruhe am Wasser» scheinen viele Petrijünger nicht mehr zu kennen. Erst im Schutz der Dunkelheit, mit schwindendem Lärm, wagen sich die Fische in die Fresszone. Das sind dann die Nacht-Hotspots. Sogar 40-Pfünder fressen jetzt in 50 cm Wassertiefe. Deshalb ist gerade in der warmen Jahreszeit ein Nachtansitz erfolgversprechend.
Das beim Karpfenfischen beliebte Vorfüttern ist auch ein Grund für Bisse in der Dunkelheit. Die meisten Fischer füttern berufsbedingt in den Abendstunden vor. Gibt es viele boiliefressende Wasservögel, ist es ebenfalls sinnvoll, in der Dämmerung zu füttern. Unsere Köder sind dann bis zum Morgen vor Vögeln sicher. Die Karpfen passen sich diesen Zeiten an. Vor allem in gut besetzten Gewässern beissen sie dann in der ersten Nachthälfte. Die Fische wissen genau, dass sie nicht lange warten dürfen, sonst sind andere schneller.
An dünn besetzten Gewässern mit wenig Nahrungskonkurrenz ist es hingegen nicht selten, dass die Bisse, trotz abendlichem Vorfüttern, erst in den Morgenstunden erfolgen. Der frühe Morgen ist an den meisten Gewässern die beste Beisszeit. Trotzdem spricht vieles dafür, schon am Abend ans Wasser zu fahren.
Ich finde es deutlich angenehmer, in der Nacht auf meiner Liege zu schlafen und mit den ersten Sonnenstrahlen von meinem Bissanzeiger geweckt zu werden. Bei der morgendlichen Anreise würde mich mein verhasster Wecker aus dem Schlaf reissen. Im Dunkeln müsste ich mein Tackle über taunasse Wiesen schleppen und unterm Strich bekäme ich weniger Schlaf. Dafür braucht es sehr viel Motivation, besonders wenn es draussen in Strömen regnet. Nicht wenige lassen dann den Ansitz ausfallen. Aber es ist nicht nur die Bequemlichkeit, die fürs Nachtangeln spricht. Vor allem an stark befischten Gewässern ist es kontraproduktiv, den Karpfen zur besten Beisszeit Futter und Montagen auf die Köpfe zu werfen.
Früher habe ich beim Nachtfischen routinemässig meine Ruten kontrolliert und neu beködert, wenn es hell wurde. Heute lasse ich meine Montagen bewusst liegen, um Unruhe zu vermeiden. Besonders bei starkem Angeldruck hat sich diese Taktik bewährt.
Streng genommen ist beim Nachtfischen eine künstliche Lichtquelle das Einzige, was man ergänzend braucht. Viel mehr hatten unsere Väter beim nächtlichen Ansitz auch nicht an zusätzlicher Ausrüstung. Die ganze Nacht sassen sie auf einem Stuhl und beobachteten die Knicklichtzapfen. Der Schlaf wurde zu Hause nachgeholt. Bei einer Handvoll Nachtansitzen pro Saison kein Problem. Aber viele Karpfenfischer verbringen deutlich mehr Zeit am Wasser. Zu meinen «wilden» Zeiten waren das über 100 Nächte im Jahr, auch heute sind es noch locker 40. Das alles auf einem Klappstuhl, die ganze Nacht durchgewacht? Ich werde schon beim Gedanken daran müde.
Mit der richtigen Ausrüstung bleibt auch beim Nachtfischen ein wichtiger Aspekt unseres Hobbys erhalten: Erholung! Auf einer bequemen Liege in einem kuscheligen Schlafsack bekomme ich am Wasser ausreichend Schlaf. Im Sommer sollte es ein dünner Schlafsack sein, andernfalls bekommst Du in einer lauen Nacht vor Hitze kein Auge zu. Ein Modell mit mehr Schulterbreite ist bequemer als enge Mumien-Modelle. Zusätzlicher Vorteil: Bei Regenwetter kannst Du mit einer Jacke in den Schlafsack kriechen. Die Jacke sorgt dafür, dass Du bei einem Biss trocken bleibst, wenn Du in den Regen hinausstürmst.
Ich mag keine Zelte! Ich bin überzeugt: Zeltfischer fangen weniger! Die Stoffplanen versperren die Sicht, und so mancher springende Karpfen, der förmlich schreit: «Hier musst Du fischen!», wird verpasst. Ich schlafe die ganze Saison unter meinem Schirm oder sogar unter freiem Himmel. Das erspart mir auch Diskussionen über wildes Campen.
Elektronische Bissanzeiger sind ein Muss. Wer einen tiefen Schlaf hat oder die Ruten ein paar Meter vom Sitzplatz entfernt aufbaut, ist mit einem Funkempfänger auf der sicheren Seite.
Im Sommer sind Mücken an vielen Gewässern eine Plage. Ich habe an meiner Liege ein Sonnen-Liege-Dach angebracht, über das ich ein Moskitonetz spanne. Das schützt vor den kleinen Blutsaugern.
Zur Beleuchtung verwende ich ausschliesslich Rotlicht. Während Weisslicht Mücken magisch anzieht, scheinen sie Rotlicht nicht wahrzunehmen. Auch andere Tierarten reagieren nicht darauf. Mäuse lassen sich damit beobachten. Wechselt man auf Weisslicht, fliehen sie sofort. Das gilt auch für Fische. In stockfinsterer Nacht hilft Rotlicht beim Feumern. Unser Auge wird viel weniger geblendet, schaltet man es aus, ist sofort fast die ganze Nachtsicht wieder da. Bei Weisslicht muss sich das Auge erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen. Mit einer Kopflampe bleiben die Hände frei. Ideal sind kleine Modelle, die man im Schlafsack um den Hals tragen kann. Weisslicht kommt nur zum Einsatz, wenn es bei einem heiklen Drill oder einem Notfall darauf ankommt, dass man mehr sieht.
Wichtig ist, dass sich Rot- und Weisslicht direkt an- und ausschalten lassen. Bei vielen Modellen muss man sich erst durch verschiedene Modi klicken (Weisslicht schwach, Weisslicht stark, Blinklicht, Rotlicht) bis man die gewünschte Einstellung hat. Ich habe nicht nur Ersatzbatterien, sondern auch eine kleine Ersatzlampe dabei für den Fall, dass meine Kopflampe kaputt oder verloren geht.
Trotz Kopflampe ist die Orientierung nachts deutlich schwieriger als am Tag. Jeder Ausrüstungsgegenstand sollte daher seinen festen Platz haben. Das gilt für grosse Teile wie Feumer, aber ganz besonders für Kleinteile wie Boilienadel und -stopper. Unter meinem Schirm finde ich alles blind.
Räume Äste und andere Stolperfallen aus dem Weg. Das gilt auch für Ausrüstungsgegenstände, sonst ist es schnell passiert und Dein Wurfrohr oder die Lotrute zerbricht unter Deinen Füssen. Plane den Drill noch im Hellen: Wo liegen Hindernisse im Wasser? Sind die Schnüre meiner anderen Ruten drillsicher abgesenkt? Wo kann ich den Fisch am besten feumern? Kann ich mit Watstiefeln vor dem Schilfgürtel stehen? Das sind Fragen, die noch im Hellen geklärt werden sollten. Stelle die Ruten einige Meter auseinander, damit dazwischen genügend Platz ist, um einen Fisch zu landen.
Haben wir einen Karpfen gelandet, gilt es, die Montage wieder auf dem Erfolgsplatz zu präsentieren. Wichtig ist, dass man immer vom gleichen Standpunkt aus wirft. Um in die richtige Richtung zu werfen, dient ein Zielpunkt, den man auch in der Dunkelheit anpeilen kann, z. B. ein Baumwipfel oder Hausdach. Für die richtige Distanz markiere ich die Schnur kurz vor der Rolle, bei Monofil mit einem Stück Klebeband, bei geflochtener Hauptschnur fädle ich mit einer Nähnadel ein kurzes Stück dünne Geflechtschnur viermal durch die Hauptschnur. Die Schnur klemme ich dann in den Schnurclip der Rolle. Beim Wurf halte ich die Rutenspitze hoch, das federt das abrupte Stoppen ab. Vergiss nicht, die Schnur nach dem Wurf aus dem Clip zu nehmen.
Mit der Clip-Methode landet auch die Futterrakete an der Spod-Rute genau auf ihrem Futterplatz.
Boilies lassen sich mit einem Trick auch bei Dunkelheit auf die gewünschte Entfernung füttern. Die grösste Weite erreicht ein einzelner Boilie im Wurfrohr. Mit jeder weiteren Kugel im Rohr nimmt die Distanz ab. Ich werfe stets mit Maximalkraft, die Boilieanzahl steuert dabei die Entfernung.
Beispiel: Fliegen vier Boilies zu weit, probiere ich es mit fünf oder sechs. Landen die Kugeln wie gewollt, lässt sich das nachts wiederholen. Denn ich weiss, ich muss sechs Boilies mit maximaler Kraft werfen, damit sie auf dem Futterplatz landen.
Nachts kommen Mäuse und Ratten aus ihrem Versteck. Um ihnen keine Nahrungsgrundlage zu bieten, hänge ich meinen Müllbeutel in die Schirmstreben. Sind die Nager besonders aktiv, hänge ich den Abfall in einiger Entfernung auf. Meine Köder befinden sich in verschliessbaren Eimern, daraus strömt weniger Geruch und sie sind im Gegensatz zu Köder-Taschen sicher vor Nagerzähnen. Auch die Eimer kann ich notfalls abseits von meinem Schirm aufstellen, sogar bei Regen.
Mit diesen Tipps wird Nachtfischen schnell zur Routine. Die Abneigung vor der Dunkelheit schwindet und bald gehörst Du auch zu den Nachtschwärmern.
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