22 | 07 | 2020 | Diverses | 0 | 5825 |
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@nicis_catch_blog
Nici und Nici – die zwei gleichnamigen Freundinnen aus der Region Winterthur leben fürs Fischen und teilen ihre Erlebnisse erfolgreich auf Instagram. «Petri-Heil» traf die beiden am Zürichsee für eine abendliche Streetfishing-Session.
Nicole Ametovski und Nicole Bosshard stehen auf einem kleinen Grünstreifen, davor liegen eine Kette und ein Schild mit der Aufschrift «Privat». Nun, die Abschrankung wirkt wenig überzeugend und ein paar Minuten Besuch dürften dem bisschen Grün auch nicht allzu viel anhaben, also beginnen wir von hier aus unseren Fischerausflug.
Die 30-jährige Nici Ametovski arbeitet in einem Heim mit demenzkranken Menschen, die 35-jährige Nici Bosshard arbeitet Teilzeit als Sachbearbeiterin und wird nebenbei von der IV unterstützt. Sie muss ihren Alltag mit Rheuma und Multipler Sklerose meistern, und da kommt ihr das Fischen sehr entgegen. «Angeln ist für mich etwas ganz Besonderes. Ich kann meine Krankheiten in den Hintergrund stellen und einfach das Leben geniessen.» Die beiden begeisterten Fischerinnen sind mit dem ÖV von Winterthur, bzw. Seuzach gekommen, immerhin eine gute Stunde Anreise. Nichts Ungewöhnliches für die beiden Fischerinnen, die sich immer wieder aufmachen, um die Ufer und Fischgründe der Region Zürich zu erkunden. Über ihr Fischerleben führen sie einen Instagram-Blog, wo sie ihre Erlebnisse mit rund 1000 «Followern» teilen.
«Am Fischen kann es nicht liegen»
Mit leichten Egliruten fischen wir den Seeuferweg ab. An der dritten oder vierten Stelle, die wir anwerfen, verzeichnet Nici Ametovski den ersten Biss. Ihr Anschlag kommt entschlossen und wie aus der Pistole geschossen, da ist jemand richtig «on fire»! Trotzdem will der Fisch nicht hängen bleiben. Wir machen das Beste aus der Situation, quatschen, lachen, essen etwas, machen ein paar Fotos und ziehen von einem vermeintlichen, bzw. ehemaligen Hotspot zum nächsten. Wir wechseln fleissig die Köder und unsere Spots, doch vorderhand ohne Erfolg; noch immer ist das Wasser des Zürichsees schnapsklar und die Egli nicht direkt an der Halde zu finden. «Am Anfang wurden wir eigentlich überall schräg angeschaut. Im Fischerladen wurden wir zuerst mal ignoriert. Die meisten kommen nicht auf die Idee, dass auch Frauen von sich aus fischen können», erklärt mir Nici Ametovski. Und Nici Bosshard ergänzt lachend: «Ich weiss nicht, weshalb so wenige Frauen fischen. Am Fischen kann es auf alle Fälle nicht liegen.»
Angefangen hat Nici Ametovski mit 16, als sie ihren damaligen Freund ans Wasser begleitete. So fing sie die ersten Fische am Greifensee, die meisten mit Zapfenmontage. Als sie nach kurzer Zeit einen ersten Hecht von 45 cm fangen konnte, war es definitv um sie geschehen. Während die Teenager-Beziehung schon lange Vergangenheit ist, blieb die Leidenschaft. Und da sie keine Lust hatte, alleine am Wasser zu stehen, nahm sie ihre gleichnamige Freundin mit. «Am Anfang haben wir gleich wie verrückt gefangen, vor allem Schwalen an der Zapfenmontage. Danach folgte ein langes Durstjahr, mit kaum einem nennenswerten Fang.» Wer eine solche Durststrecke übersteht und weiterhin am Fischen ist, bei dem dürfte sich der Fischervirus gründlich eingenistet haben. Und so folgte bald die SaNa-Prüfung und der Instagram-Account «nici’s_catch_blog».
Instagram-Dynamik
Mit dem Instagram-Account bekam ihre Fischerei schnell einen grösseren Stellenwert, als sie sich das am Anfang vorgestellt hatten. Mit ihrer offenen, aufgestellten Art wurden sie freudig aufgenommen und es ergab sich schnell ein umfangreicher Austausch, der für ihre Fischerei enorm hilfreich war und sie in ihrem Fischerinnen-Dasein bestätigte. Auf Instagram tummelt sich eine modeaffine Anglerszene, die Caps, die «Hoodies» (so nennt man die Kapuzen-Pullover), aber auch die Ruten, ja das ganze «tackle»; alles ist high end, genau aufeinander abgestimmt und ziemlich «fancy». Die Angelcommunity ist vielgestaltig, zwischen Hamburg, Brig und Wien tauschen sich tausende junge Angler und Anglerinnen aus und zeigen – teils wie die Wilden – ihre Fänge her.
So hat auch die Erscheinung der beiden Fischerinnen grad gar nichts mehr gemeinsam mit den Gummistiefel tragenden Würmlibader(-innen) von einst. Markenlogos von kleinen Produzenten wie «Toppies» oder «Lurejunks» prangen auf ihren Caps, der «Kein-Seich»-Kleber der facebook-Community «Züri fischt» ist prominent auf der Köderbox platziert.
Viel Zuspruch
Dass die zwei nicht auf den Mund gefallen sind, kommt ihnen sicher entgegen, denn noch immer sind fischende Frauen, die nicht einfach den Partner aufs Boot begleiten, für viele Leute irritierend. Doch die Selbstverständlichkeit und das Selbstvertrauen, mit welchem die beiden am Ufer stehen, zeigen auch, dass sie sich ihrer Pionierrolle bewusst sind. Nici und Nici verstehen sich nicht als Exotinnen, sondern als Avantgarde, und wer ihnen zuschaut, merkt schnell, die beiden können fischen.
Natürlich reden wir auch über andere fischende Frauen, wie die stets vergnügt quietschende Babs Kijewski, die als Anglerin auch schon Auftritte bei Stefan Raab hatte, oder die deutsche Karpfenanglerin Claudia Darga, die wohl bekannter ist als alle ihre männlichen Kollegen. Bei den Promi-Botschafterinnen, wie auch bei Nici und Nici wird deutlich, dass das Fischen eine Leidenschaft ist, die über Geschlechtergrenzen hinaus geht. Dass hierzulande nur ganz wenige Frauen streetfischend am Wasser anzutreffen sind, zeigt aber auch, dass unsere gesellschaftlichen Erwartungen Frauen nicht dazu anhalten, mit einer Rute ans Wasser zu stehen. Trotzdem erhalten sie von der überwältigenden Mehrheit der Fischer deutlichen Zuspruch und haben weder online noch am Seeufer schlechte Erfahrungen gemacht. Hingegen würden Leute, die sowieso ein Problem mit dem Fischen haben, erst recht gereizt reagieren, wenn sie Fischerinnen sähen, wie Nici Ametovski bei einem Rencontre mit einem militanten Veganer erfahren musste.
Teamgeist und gute Laune
Zwar will es an diesem Abend mit den Egli nicht klappen. Jeder der von uns anvisierten und von mir hochgelobten Hotspots am Seeuferweg entpuppt sich als Flop, einzig zwei Bisse können wir verzeichnen. Dass es den beiden in erster Linie darum geht, eine gute Zeit am Wasser zu haben, ist keine hohle Phrase, hinter welcher sich ein ausgeprägter Fangeifer bedeckt hält. Und man merkt schnell, dass die beiden wissen, wie man diese «gute Zeit am Wasser» hat. Und natürlich liegt es in der Natur der Sache, wenn die Laune bei Erfolg nun mal etwas besser ist als an einem Schneidertag. Wovon sich die männliche Mehrheit der Fischer ganz sicher eine grosse Tranche abschneiden kann, ist der Teamgeist, der sich bei den beiden Fischerinnen zeigt. Da ist wirklich ein Team unterwegs, das sich über jeden Fang freuen kann. Nici und Nici erinnern sich lachend: «Genau morgen vor einem Jahr haben wir unseren grössten Egli gefangen. Das war an einem gut frequentierten Steg, wir waren nicht die einzigen. Nachher wurde dort rumerzählt, die beiden Weiber hätten es den Männern aber so richtig gezeigt.»
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