Das könnte Dich auch interessieren:
Alles, was kreucht und fleucht
09 | 01 | 2023 | Praxis | 2 | 6029 |
09 | 01 | 2023 | Praxis |
2 6029 |
Die meisten Raubfisch-Schleppangler kennen die Perlmutt-Spangen. Perlmutt-Tropfen sind hingegen noch wenig bekannt. Perlmutt-Produzent Roger Wyss verrät uns hier, was es mit den Perlmutt-Tropfen auf sich hat.
Als ich vor Jahren damit begann, Perlmutt-Spangen zu schleifen, verlangten einige Freunde und Kunden immer mal wieder eine besondere Form: einen Perlmutt-Köder in Tropfenform. Ich liess mir erklären, dass diese verkehrt herum montiert werden müssten – also mit dem Haken auf der schmalen Seite. Sie seien, langsam geschleppt, ein guter Köder für grosse Forellen.
Die Anfragen nach den «Tropfen» kamen immer wieder, und ich hörte wiederholt von grossen Forellen, welche mit «Tropfen» gefangen wurden. Zudem kursierten Bilder mit gewaltigen Forellen, die angeblich mit «Tropfen» gefangen worden waren. Schliesslich machte ich mich daran, ein paar Exemplare für mich herzustellen und testete sie im Wasser.
Im Gegensatz zum gewünschten Lauf von Perlmutt-Spangen, die immer wieder unkontrolliert ausbrechen sollten, verhalten sich die «Tropfen» ganz anders. Diese schlagen, in der richtigen Geschwindigkeit geschleppt, mit dem hinteren Teil, wo der Haken hängt, einfach nach links und nach rechts. Ja, man kann sagen richtig monoton, je nach Biegung und Geschwindigkeit etwas stärker oder schneller, aber die Bewegung ist immer die gleiche. Irgendwie überzeugte mich das Ganze nicht und ich gab den «Tropfen» zuerst keine Chance. Meine Motivation, so langsam auf dem See rumzukurven, hielt sich ebenfalls in Grenzen: «Da kommt man ja überhaupt nicht vorwärts», dachte ich.
Vor zwei Jahren, als die Forellensaison schon bald zu Ende ging, konnte ich schon auf eine gute Saison mit schönen Seeforellen zurückblicken, die ich mit Spangen gefangen hatte. So nahm ich mir nun Zeit, die «Tropfen» ausgiebig zu testen.
Der Erfolg stellte sich schneller ein als erwartet. In den ersten Ausfahrten konnte ich mehrere Fische in den 60ern fangen und eine ziemlich Grosse ging mir verloren. Leider war die gute Forellenzeit schon vorbei, also testete ich die «Tropfen» weiter im Sommer beim Schleppen auf andere Raubfische. Ich konnte es kaum glauben, aber ich fing in den Sommermonaten Hechte, Zander, Egli, Saiblinge und sogar einen dicken Alet auf Perlmutt-Tropfen. Eines wurde mir danach klar: Der spezielle Lauf eines «Tropfens» reizt die Fische enorm. Wahrscheinlich verursacht das seitliche Ausschlagen grössere Druckwellen. Dies sieht für den Fischer nicht so attraktiv aus, für die Fische aber anscheinend umso mehr. So freute ich mich schon riesig auf die nächste Seeforellensaison und schliff mir einigen Vorrat an Perlmutt-Tropfen.
Die meisten Perlmutt-Tropfen schleife ich in 8 oder 10 cm. Für Seeforellen sind dies perfekte Grössen. Die letzte Saison begann gut damit, aber dann funktionierten sie einfach nicht mehr so richtig. Ich stellte um auf kleinere. Und siehe da, diese waren auf einmal besser als die grossen. Keine Ahnung warum, aber in der kommenden Saison könnte es schon wieder anders sein. Das Gleiche gilt für die Farbwahl. So ist es halt beim Fischen, man muss variabel sein.
Die Länge und Breite muss im richtigen Verhältnis sein, damit die «Tropfen» gut ausschlagen. Ein «Tropfen» muss mindestens eine leichte Krümmung haben. Wenn sie zu flach sind, laufen sie meist unbefriedigend. «Tropfen» sollten nicht stark verdreht sein. Je krümmer der Bogen ist, desto mehr ändert sich der Ausschlag. Bei einem starken Bogen macht der Vorderteil des «Tropfens» einen Lauf wie eine liegende 8. Ich war mit flacheren und mehr gebogenen «Tropfen» erfolgreich. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Gewicht des «Tropfens». Spangen schleifen wir immer so dick, wie es die Muschel zulässt. Bei den «Tropfen» darf das Gewicht jedoch nicht zu hoch sein, damit sie gut laufen. Auch wenn sie etwas dünner scheinen als die Spangen, halten sie gut bei einem kapitalen Fisch, da die Breite wesentlich grösser ist als bei einer Spange und ein «Tropfen» in der Regel viel weniger Krümmung hat.
Ich glaubte anfangs, das langsame Fahren beim Tropfen-Schleppen sei ein Nachteil, aber inzwischen habe ich meine Meinung geändert. Wer gute Kenntnisse über die Aufenthaltsorte der Raubfische hat, ist im Vorteil, wenn er die Spots langsam befischen kann. Meiner Erfahrung nach reagieren grosse Seeforellen besser auf langsam geführte Köder als auf schnell geführte. Die grossen Forellen sind möglicherweise etwas träge im Alter und überlegen sich wahrscheinlich genau, ob sie einer schnell schwimmenden Beute wirklich nachjagen sollen. Da kommt ihnen so ein langsam taumelnder Köder gerade recht; ohne viel Aufwand können sie diesen nehmen. Das ist zumindest meine Theorie.
Eine langsame Schleppgeschwindigkeit von 2,5 bis max. 3,0 km/h ist nicht mit jedem Boot standardmässig möglich, einige Boote sind auch im Standgas zu schnell. Da können folgende Modifizierungen helfen: Man kann die Tourenzahl vieler neuen Motoren elektronisch drosseln. Eine Trimmklappe an der Propellerschraube ist ebenfalls eine einfache Möglichkeit, eine tiefere Geschwindigkeit zu ermöglichen. Oder man verwendet eine Schiffsschraube mit einer geringeren Steigung. Von einem Driftsack beim Schleppen rate ich ab, eine gehakte dicke Forelle findet ihn bestimmt im Drill.
Die «Tropfen» lassen sich gut an der Wasseroberfläche, an der Tiefseerolle oder mit dem Unterwasserhund schleppen. Das langsame Fahren kommt dem Schleppen in grossen Tiefen sehr entgegen.
Dann ist auch immer wieder der Wind zu beachten. Wenn es zu wellig wird, ist das Manövrieren mit langsam geschleppten Brättli schwieriger als bei schneller Fahrt. So schleppe ich bei Wind mit Perlmutt-Spangen, bei wenig Wind dürfen die «Tropfen» ins Wasser.
Auf jeden Fall war die neue Saison rückblickend meine beste Seeforellen-Saison. Die 80er-Marke konnte ich knacken mit einem kleinen Rubin-Tropfen, und noch nie hatte ich so viele Forellen in der 70er-Grösse gefangen. Ich glaube in dieser Saison folgende Erfahrungen gemacht zu haben: Durch das langsame Fahren sowie dem langen Verweilen an guten Spots werden die grossen Fische aktiviert. Bei den «Tropfen» beissen die Forellen nicht so wählerisch wie bei den Spangen, aber dennoch müssen Farbe und Grösse an einem bestimmten Fischertag genau passen.
Antworten an: Jonas Bossard
Nils | 05 | 06 | 2023 |
Wir haben uns mit Roger über diesen Fauxpas unterhalten. Er hat uns glaubhaft versichert, dass dies ganz klar ein Fehler von ihm gewesen sei und sich deswegen in aller Form der Fischergemeinschaft gegenüber auch entschuldigt. Wir von der Redaktion sind der Meinung, dass seine Inputs über das Seeforellenfischen wertvoll genug sind, um jetzt über den damaligen Fehler hinwegzusehen.
Jonas Bossard
Roger Wyss..schmeisst er seine Forellen immer noch zum zwischelagern in einen trockenen Fischkasten um sie dann bei laufender Kamera halbtot zu releasen? Warum bietet man so einem eine Plattform?