Spinnerbaits [– Druckmacher für Hechte im Kraut]
13 | 05 | 2019 PraxisText & Fotos: Bertus Rozemeijer 04303
13 | 05 | 2019 Praxis
Text & Fotos: Bertus Rozemeijer 0 4303

Spinnerbaits – Druckmacher für Hechte im Kraut

Spinnerbaits sind bunt, laut und auffällig – also genau die richtigen Köder für gierige Mai-Hechte. Raubfischexperte Bertus Rozemeijer verrät, wie wir das Maximum aus diesem Ködertyp herausholen.


Letztes Jahr hatte ich 270 Guidingtage. Dementsprechend viele Köder sah ich auch in den Angeltaschen meiner Gäste. Interessanter- oder viel mehr erschreckenderweise beschränkte sich das Repertoire grösstenteils auf Gummifische und Jerkbaits. Ganz selten befand sich ein Wobbler in den Köderkisten. Meinen Krautliebling, den Spinnerbait, entdeckte ich eigentlich nie. Wie ist es nur möglich, dass der Spinnerbait so vernachlässigt wird? 
 

Spinnerbaits: Anders als die anderen

Das Fischen auf Hecht ist an vielen Gewässern extrem populär, die Räuber stehen unter beträchtlichem Befischungsdruck. Und Hechte unter Druck sind vorsichtige Fische, die sich immer schwerer fangen lassen. Vor langer Zeit befischte ich den «Lake of the Woods» in der kanadischen Provinz Ontario und sah, dass die Hechtangler sehr ähnliches Gerät verwendeten. Alle benutzten dicke Ruten und die gleichen Köder, bis auf einen Fischer. Ich fragte ihn, warum er etwas ganz anderes anbot, und er meinte nur: «Wenn alle die gleichen Methoden verwenden, probiere ich immer etwas anderes. Häufig fange ich so mehr Fische. Die Hechte gewöhnen sich schnell an ähnliche Köderprofile und Laufeigenschaften. Und was sie mit Gefahr verbinden, meiden sie.» 
 

Extrem auffällige Hechtköder

Ich habe mir den Rat des amerikanischen Fischers zu Herzen genommen – und die Zeit hat bewiesen, dass er Recht behalten sollte. Unsere Hechte kennen Gummis und Jerks bereits gut, Spinnerbaits aber nicht. Ausserdem hat der Spinnerbait weitere Vorteile: Er reizt auch Hechte, die keinen Hunger haben, zu Aggressionsbissen. Durch seine starken Vibrationen und Reflexionen fällt ein Spinnerbait extrem auf und eignet sich zum Absuchen grosser Gewässerflächen. Ausserdem bleibt er nur sehr selten im Kraut hängen.  

Leider ist einer der Vorteile des Köders gleichzeitig ein Nachteil. Der enorme Druck, den er erzeugt, lockt zum einen zwar Fische an, zum anderen ist es aber recht anstrengend, einen Spinnerbait den ganzen Tag durchs Wasser zu kurbeln. 
 

Brachiales Gerät für brachiale Spinnerbaits

Deshalb braucht man eine starke Rute, die den Vibrationen des Spinnerbaits standhält und mit der man auch noch den Anhieb setzen kann. Ein Wurfgewicht von 100 Gramm ist das Minimum. Ich bevorzuge Modelle mit einer moderaten Länge von 2,40 Meter. Alles darüber wird schnell kopflastig. Ich vergleiche die Rute gerne mit einem Hammer: Mit einem langen Stiel fühlt sich derselbe Hammerkopf deutlich schwerer an als mit einem kurzen, und schon eine 30?Zentimeter längere Rute wirst Du auf Dauer in den Armen spüren. 

Ob Du eine Multi- oder Stationärrolle einsetzest, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks, wobei ich persönlich die Multi bevorzuge. Allerdings sollten beide Rollenmodelle äusserst kräftig ausgelegt sein. Der Grund: Die Rolle steht beim Fischen unter enormem Druck, wenn man einen grossen Spinner oder Spinnerbait einholt. Dieser Druck lastet voll auf dem Getriebe und den Kugellagern. Wer hier spart, zahlt am Ende doppelt. 
 

Der Krautschneider

Auf die Rolle gehört eine vernünftige geflochtene Schnur. Im Gegensatz zur monofilen schneidet sie durchs Kraut – und genau dort fischen wir ja. Die Schnur wird durch den grossen Druck, den der Spinnerbait erzeugt, und die Schnellkraft, die eine steife Rute beim Anhieb aufbringt, zusätzlich belastet. Deshalb verwende ich Schnüre mit einem Mindestdurchmesser von 0,25 Millimeter.

Geflechtschnüre haben ein geringes Gewicht. Das ist ein Nachteil, wenn man einen Seitenwurf macht und der Wind voll in die Schnur bläst. Es entsteht ein gros­ser Schnurbogen, der den Spinnerbait völlig aus der Bahn holt und den Kontakt zum Köder erschwert. Allerdings lässt sich das leicht vermeiden: Führe nach dem Wurf, wenn der Spinnerbait eingetaucht ist, die Rutenspitze nach unten nahe an die oder gar unter die Oberfläche. So wird die Schnur versenkt. 

 Spinnerbait-Modelle mit zusätzlichen Rasseln (hier im rotierenden Plastikkörper) machen richtig Lärm!

Spinnerbait-Modelle mit zusätzlichen Rasseln (hier im rotierenden Plastikkörper) machen richtig Lärm!

 Spinner mit zwei Blättern, sogenannte «Bulger», sorgen für reichlich Druck unter Wasser und an der Rute.

Spinner mit zwei Blättern, sogenannte «Bulger», sorgen für reichlich Druck unter Wasser und an der Rute.

 Starke Rute und eine kräftige Schnur mit 20 Kilo Tragkraft: Das braucht man, um die Hechte aus dem Kraut zu «prügeln».

Starke Rute und eine kräftige Schnur mit 20 Kilo Tragkraft: Das braucht man, um die Hechte aus dem Kraut zu «prügeln».

 
Der Drift-Sucher für Hechte

Spinnerbaits eignen sich gut für grosse Wasserflächen. Hier lohnt es sich, den Köder vom driftenden Boot zu werfen. An dieser Stelle sind mir Fehler bei anderen Fischern aufgefallen. Erstens bewegen sich viele zu schnell. Ich versuche, die Driftgeschwindigkeit unter einem Stundenkilometer zu halten – notfalls mit einem Driftsack. Der zweite Fehler ist, dass viele Angler geradlinig in die Abdrift werfen. Dadurch fischen sie aber immer dieselbe Strecke ab. Deshalb angelt auf meinem Boot mein Gast meist nach rechts und ich nach links, im rechten Winkel zur Driftrichtung. Auf diese Weise werfen wir unsere Spinnerbaits immer in unbeangeltes Wasser, weil wir uns fünf Meter bewegt haben, bis der Spinnerbait wieder am Boot ist. 

Spinner und Spinnerbaits eignen sich vor allem für krautige Gewässerbereiche. Das Fischen hier ist nicht einfach, und viele versuchen es gar nicht erst. Doch wage einen Versuch! Im Gemüse finden die Hechte Schutz, Nahrung – und im besten Fall unseren Spinnerbait. 

Im Kraut solltest Du die Rutenspitze nicht rechtwinklig zum Köder halten, denn wenn sich der Spinnerbait im Kraut verfängt, wirkt die Spitze wie ein Gummiband. Löst sich der Spinnerbait aus dem Gemüse, zieht ihn die zurückschnellende Spitze sofort ins nächste Hindernis. Darum mache ich es etwas anders: Ich richte die Spitze möglichst in einer Flucht zum Köder. Im Falle eines Hängers ziehe ich die Rute gerade nach hinten – löst sich der Spinnerbait, kurble ich ganz langsam weiter. Dadurch schnellt er nicht sofort in die nächste Krautfahne. Dichtes Kraut zu befischen ist immer schwierig, aber es lohnt sich. Mitten im Gemüse habe ich einige meiner grössten Hechte fangen können.
  

Spinnerbait-Kunde

Ich will noch kurz zu den Ködern an sich kommen. Bei Spinnerbaits wähle ich bevorzugt diejenigen, die mit Einzelhaken und einem sogenannten «Keeper-Haken-System» ausgestattet sind. Der Keeper ist nichts anderes als ein langschenkliger Einzelhaken, der mit seinem Öhr über den Haupthaken geschoben und durch einen Silikonschlauch am Platz gehalten wird. Dieser ragt über den Drahtbügel hinaus, an dem sich das Spinnerblatt befindet, und minimiert so Fehlbisse. Der Drahtbügel an sich ist ein idealer Krautschutz. 

Grosse Spinner eignen sich eher für lichtere Krautfelder. Ein Fransenkranz um den Drilling verdeckt den Haken und dient ebenfalls als leichter Krautschutz. Rehhaar (Bucktail) hinter einem Spinner ist in Ordnung, allerdings wirkt künstliches Flash-Material lebendiger und bricht nicht so häufig wie die natürliche Variante. Ich bevorzuge sogenannte «Bulger», die mit zwei Spinnerblättern an einem Köder ausgestattet sind und eine Rute stark unter Druck setzen. Manche Modelle haben so grosse Spinnerblätter, dass der Druck sogar mein Boot bewegt. Einige Spinner sind ausserdem mit Rasseln ausgestattet – totale Krawallmaschinen!

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