05 | 12 | 2016 | Schweiz | 0 | 6195 |
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Winterhecht und -egli aus dem Genfersee
Laurent Charenton ist einer der wenigen vollamtlichen Schweizer Fischerguides. Das Hechtfischen auf dem Genfersee ist seine Spezialität. «Petri-Heil»-Redaktor Nils Anderson hat ihn einen Tag lang begleitet und durfte ein eindrückliches Gewässer etwas näher kennenlernen.
«Die fischen auf Egli.» Laurent deutet auf eine Gruppe Boote gleich vor Lausanne und verlangsamt sein Lund-Boot in einiger Distanz. Ein schwacher Ostwind bläst uns in den Rücken und wir werfen die schweren Gummifische mit voller Kraft Richtung Parc Bourget. Das Echolot zeigt mehr als 25 Meter Tiefe an. Die untersten zehn Meter des Wassers sind hier fast voll mit kleinen Fischen. Es sei daher nicht einfach, jetzt Hechte zu fangen. «Zuviel Futter», meint Laurent.
Mit schwerem Gummifisch
Ich lasse meinen grossen Gummifisch immer wieder ganz zum Grund sinken und ziehe ihn dann langsam und ziemlich gleichmässig ein. Laurent erklärt das Verhalten des Hechts. Dieser folge der Beute beharrlich und attackiere den Gummifisch meistens erst im Aufstieg und unter Umständen auch erst ein paar Meter unter dem Boot. Hechte gibt es im Léman in stattlicher Anzahl und mit zum Teil beeindruckenden Massen. Andauernd spüre ich ein feines «Tock» von den kleinen Egli, die den Köder immer wieder anstupfen. Während wir konzentriert unsere Gummifische führen, erzählt Laurent von seinem Beruf. 2016 sei ein «bizarres Jahr», die Fische würden sich entgegen den Gewohnheiten verhalten. Alle Fischarten würden ausserordentlich tief stehen, vielleicht habe es mit den vielen Kormoranen zu tun. Gegen tausend (!) Tiere habe der Vogelschwarm dieses Jahr gehabt. «Horrible», meint Laurent und schüttelt den Kopf, während er mir Fotos von Meterhechten mit tiefen Kormoran-Bissspuren zeigt.
150 Tage auf dem See
Nach anderthalb Stunden satteln wir um und beginnen eine Schlepptour. Laurent Charenton macht deutlich, wer die Rute bei einem Anbiss behändigen muss: «Niemand bezahlt einen Guide, um ihm beim Fischefangen zuzusehen.» Auch wenn dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, habe er auch schon anderes gehört. Und wenn es mal keinen Biss gebe, würde die Tour auch nicht verrechnet.
Seine Kundschaft besteht grösstenteils aus Touristen, und die übliche Konversationssprache ist Englisch. Einheimische Gäste gebe es aber auch – oft lösten sie gleich ein Abonnement bei ihm. «Manche sehen mein Boot und wollen auch so eins haben. Doch selbst wenn sie bei mir zehn Jahre lang ein Zehner-Abo lösen, sind meine Touren für sie immer noch viel günstiger als die Anschaffung eines solchen Bootes. Und den Guide haben sie erst noch inklusive.» Das Geschäft laufe ganz gut, berichtet Laurent, letztes Jahr habe er 150 Tage auf dem Wasser verbracht. Nur die Freundin und den Beruf unter einen Hut zu bringen «ça, ce n’est pas facile».
Fischen im Weltklasse-Ambiente
In der Zwischenzeit hat der Wind aufgehört zu blasen und es ist ein richtig freundlicher Tag geworden. Durch die Polbrille zeichnen sich die Berge am Südufer ab, im Osten verlieren sich die weltberühmten Rebhänge im Dunst, und über die Kreten des Genfer Jura im Nordwesten wälzen sich die ersten dichteren Wolken. Da ich schon seit frühmorgens unterwegs bin, fordert mich Laurent auf, vorne auf dem Deck Platz zu nehmen und ein Nickerchen zu halten, das würden viele Gäste so machen. Ich bin kurz davor einzuschlafen, als aus dem Nichts heraus die Bremse tönt und Laurent «Fish on!» ruft. Im Nu bin ich wieder hellwach und drille meinen ersten Genfersee-Hecht.
Mit 82 Zentimeter zwar kein Riese, dafür aber ein wunderschön gezeichnetes Tier. Er hatte den tieflaufenden «Magnum» von Rapala genommen.
Genug für drei Personen
Nach dem Hechtfang ist es mit der Ruhe vorbei und ich bin wieder «putzmunter». Eine weitere Schleppfahrt-Stunde später, in der wir unablässig riesige Fisch-Schwärme passieren, schlage ich vor, es doch noch auf Egli zu versuchen, denn die können hier wirklich gross werden. Wir wechseln die Ruten und versuchen mit der DropShot-Montage ein paar Egli zu erwischen. Sobald unsere Köder am Grund angekommen sind, stellen sich fast augenblicklich die ersten Bisse ein. Innert einer Stunde fangen wir zwei Dutzend Fische. Das sei gerade genug für drei Personen, meint mein Guide. Ich bin begeistert, wie viele dieser kleinen Räuber es im Genfersee gibt – Laurent meint darauf mit einem breiten Grinsen im Gesicht: «Es ist immer so: Wenn die Deutschschweizer das Eglivorkommen des Léman sehen, wollen sie nicht mehr auf Hecht fischen.»
Infos zum Genfersee
«Brochet d’excellence!» Einer von vielen Grosshechten, die diesen Herbst den Weg in Laurents Boot fanden.
Der Genfersee ist mit 580 km² der zweitgrösste See Mitteleuropas. Rund 300 km² (!) des Léman liegen auf Waadtländer Kantonsgebiet. Es ist ein fischereilich sehr attraktives Gewässer mit relativ hohem Nährstoffgehalt. Grosse Eglischwärme, aber auch gute Saiblings- und Seeforellenbestände ergänzen die Fischerei auf Hechte. Für eine Gebühr von zehn Franken kann eine Tageskarte für den Genfersee erworben werden.
Laurent Charentons Boot liegt in Port d’Ouchy. Er hat sich fischereilich auf das Gebiet rund um Lausanne spezialisiert. Charenton spricht Französisch, Englisch und ein Bisschen Deutsch.
Kontakt Laurent Charenton:
www.romandiefishing.com
info@romandiefishing.com
Tel. 078 684 28 00
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