[Zugersee-Hiobsbotschaft:]</br>Verkaufsstopp von Egli und Hecht
21 | 11 | 2025 SchweizText: Nils Anderson | Foto: Daniel Luther 0836
21 | 11 | 2025 Schweiz
Text: Nils Anderson | Foto: Daniel Luther 0 836

Zugersee-Hiobsbotschaft:
Verkaufsstopp von Egli und Hecht

Per sofort dürfen Egli und Hechte aus dem Zugersee nicht mehr in den Verkauf gelangen. Zu hoch ist die Belastung mit PFAS bei diesen Fischen. Für die Berufsfischerei hat dies einschneidende Konsequenzen. Den Hobbyfischern dürfte die Regelung auf den Appetit schlagen, wenn auch Fang und Verzehr nicht verboten wurden. Viele Fragen sind aber noch offen.


Die Drähte liefen heiss am Freitagmorgen, 14. November. Von allen möglichen Seiten wurde ich auf das neuverfügte Verkaufsverbot hingewiesen. SRF, Gault Millau, Blue News und viele mehr griffen die Medienmitteilung auf und die News machten schnell die Runde: «Hecht und Egli aus dem Zugersee dürfen (…) ab sofort nicht mehr als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden (…). Dies gilt so lange, bis sich die PFAS-Werte im Zugersee ausreichend gesenkt haben und die darin lebenden Fische eine PFAS-Belastung unterhalb der geltenden Höchstgehalte aufweisen.» Das Fazit und der Beschluss seitens des Kantons sind also ebenso deprimierend wie unbequem.

Vor allem Egli haben durchgehend hohe Belastungswerte, die den Grenzwert teils um das Vierfache überschreiten. Hobbyfischer werden dazu aufgerufen, die gefangenen Fische in der Tierkadaverstelle zu entsorgen. Denn wenn sie auf dem Kompost landen, bleiben auch die PFAS weiterhin im Umlauf. Abgebaut werden diese Chemikalien in der Natur so gut wie gar nicht.

 

Warum haben Egli besonders hohe Werte?

Der Egli ist eine besonders langsam wachsende Fischart: Er nimmt pro Zentimeter Länge mehr Gramm Nahrung und damit auch mehr PFAS auf als andere Arten. Hechte, Forellen oder Felchen wachsen vergleichsweise schneller und weisen wohl deshalb tiefere Werte auf.

 

Sind grosse Fische stärker belastet als kleine?

Je älter ein Fisch ist, desto höher sein PFAS-Gehalt. Könnte es also sein, dass beispielsweise junge Hechte unter 60 Zentimeter oder Egli um die 20 Zentimeter nach wie vor bedenkenlos gegessen werden dürften? Vorläufig kann hier keine Entwarnung gegeben werden, dazu fehlen im Moment noch die genaueren Daten, sowohl für den Zugersee als auch allgemein für die  Belastung von Fischen.

 

Warum hat der Hecht einen tieferen Grenzwert als der Egli?

Irritierend ist, dass der Grenzwert für Egli (45 ng/kg) mehr als fünfmal höher liegt als jener für Hecht (8 ng/kg). Der Grund, weshalb die Fischarten einen unterschiedlichen Maximalwert aufweisen, liegt in deren wirtschaftlichen Bedeutung: Der Egli ist wirtschaftlich wertvoller als der Hecht, da er ein beliebterer Speisefisch ist. Dass die erlaubten Grenzwerte für ein Lebensmittel, welches man häufig konsumiert, höher (!) sind als bei einem, welches man seltener isst, lässt einen sprachlos zurück. Es müsste umgekehrt sein, wenn die gesundheitliche Gefährdung ein relevanter Faktor sein sollte.

 

Kann der Eintrag von PFAS in den Zugersee gestoppt werden?

Offenbar sind die Konzentrationen höher als in anderen Seen und ein wesentlicher Teil der PFAS dürfte sich auf eine Handvoll Quellen rückführen lassen. Damit ist eine Eindämmung der Einträge aus belasteten Standorten zumindest theoretisch möglich. Doch welche Deponien und Altlasten es auch immer sind: Es wird viel kosten. Sollten die Kosten auf den Verursacher abgewälzt und nicht einfach von der Allgemeinheit getragen werden, kann man sicher sein, dass sich diese mit Händen und Füssen wehren werden. Der Eintrag von PFAS wird sich erst merklich verringern, wenn ein Verbot durchgesetzt wird.

 

Kann die Quaggamuschel hier einen positiven Effekt haben?

Seit gut einem Jahr ist das Auftreten der Quaggamuschel im See bekannt. Fakt ist, dass die Quaggamuscheln Unmengen an Wasser filtern und damit automatisch auch PFAS und andere Chemikalien binden. Mit dem Absterben der Muscheln dürfte ein Teil der PFAS sedimentieren und damit dem unmittelbaren Nahrungskreislauf entzogen werden. Doch fundierte Aussagen sind dazu im Moment noch keine zu finden.

 

Wo sonst gibt es PFAS?

PFAS kommen in zahlreichen Alltagsprodukten vor (Regenjacken, Pfannen, Becher usw.) und lassen sich auch in Lebensmitteln nachweisen. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV gibt jedoch bezüglich der allermeisten Lebensmittel Entwarnung: Von 900 untersuchten Proben aus Fleisch, Fisch und Eiern wurden nur deren 0,8 % beanstandet. Es handle sich meist um lokale Belastungen. Doch langfristig müsse der Eintrag in die Umwelt aber konsequent reduziert werden. Der Fall Zugersee zeigt: Die Situation kann lokal durchaus dramatisch sein – und Egli gehören aktuell zu den am stärksten belasteten Lebensmitteln der Schweiz, vermutlich nicht nur im Zugersee.

 

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