20 | 11 | 2020 | Schweiz | 2 | 11200 |
20 | 11 | 2020 | Schweiz |
2 11200 |
Zu Besuch im Zürcher Kult-Fischerladen
Andy’s Fischershop
Seit fast 90 Jahren gibt es mitten in Zürich Fischereiartikel zu kaufen. Den kleinen Laden zwischen dem Helvetiaplatz und der Langstrasse kennen viele Fischer, aber auch Nichtfischer gehen ein und aus. Andy Bleiker gehört auch schon fast zum Inventar; seit 30 Jahren führt er das Geschäft.
Andy Bleiker ging hier schon als kleiner Junge ein und aus, meist mit seinem Onkel, der ihn zum Fischen brachte. Seine erste Rute war – wie so oft bei Kindern – natürlich eine Teleskoprute, gekauft am Helvetiaplatz. Nach der Ausbildung als Maschinenmechaniker fragte ihn der damalige Geschäftsführer, ob er nicht den Laden übernehmen wolle. Andy verbrachte zuerst noch ein Jahr als Maschinenmechaniker im Ausland und übernahm bei seiner Rückkehr mit gerade mal 24 Jahren den Laden. Den Maschinenmechaniker merkt man ihm auch heute noch an; seine Bespulmaschine ist selbstgebaut, Ruten und Rollen flicken ist für ihn ein Kinderspiel. Dazumal wohl der Jüngste unter den Fischereiartikel-Händlern, ist er heute aus der Branche kaum mehr wegzudenken.
Laden voller Überraschungen
Andy’s Fischershop wirkt klein, doch die Regale sind voller Überraschungen und jede Ecke ist optimal genutzt. Mein Favorit ist die Schiebewand, an der die Löffel hängen, bei jedem Hin und Her klimpert und klappert es, als würden gleich alle Köder runter fallen, doch alles bleibt dort, wo es hingehört. Egal was man sucht, irgendwo versteckt in einer Schublade findet Andy das Gewünschte. Vom Schleppmasten über Zapfenruten bis zum neusten Spinnköder ist alles irgendwo untergebracht. Ein paar Artikel fürs Hegenen-Binden hat es auch, das Fliegenbindesortiment ist aber mittlerweile ausgemistet. Herumstöbern und selber zusammensuchen ist im verwinkelten Geschäft nur begrenzt möglich, da sich vieles hinter der Theke verbirgt. Im Gegensatz zu anderen Geschäften ist der Kunde hier auf Andys Beratung angewiesen, ganz altmodisch eben.
Für alle etwas
Als ich Andy nach lustigen Geschichten aus seinem Laden frage, grinst er breit und schüttelt den Kopf: «Hier passiert selten etwas Aussergewöhnliches.» Ich lasse nicht locker und merke, dass er sich einfach einiges gewohnt ist, ebenso sein Versicherungsagent, denn die Schaufenster werden leider in regelmässigen Abständen eingeschlagen und die kaputten Scheiben sind nicht ganz günstig. Am 1. Mai sei dies aber noch nie passiert und gestohlen wurde meist nicht viel. «Das gehört hier halt einfach ein bisschen dazu», meint Andy. Auch Nichtfischer kommen ab und zu in den Laden und finden andere Gebrauchsmöglichkeiten für unsere Fischereiartikel. Die 5 bis 6 Meter langen Tippruten werden gerne als Fahnenstangen an den Fussballspielen genutzt; die FCZ-Fans kennen Andys Laden und kaufen gerne bei ihm ein. Etwas befremdlicher ist es, dass Andy immer mal wieder extra grosse Einzelhaken ohne Widerhaken verkauft, damit sich «Körperkünstler» daran aufhängen lassen können, und Krokodilklemmen, von unsereins als Bissanzeiger verwendt, die von gewissen Damen als Körperschmuck genutzt werden.
Allroundfischer
Wenn Andy mal nicht im Laden steht, was zwar nicht so oft vorkommt, fischt er meist selbst irgendwo. Zwar nicht mehr ganz so angefressen wie früher, aber es macht ihm trotz oder wegen der vielen Zeit im Laden immer noch Spass. Im Winter schleppt er gerne auf Seeforellen, am Tag vor unserem Gespräch war er Felchenfischen und die Woche davor mit dem Wobbler an der Limmat. Auch die Fliegenrute schwingt er hin und wieder. Seine Ferien verbringt er gerne in Österreich um auf Karpfen und Stör zu fischen oder er reist auf die Malediven, um im Meer zu fischen. Einen Lieblingsfisch oder eine bevorzugte Technik nennt er keine. Die Hauptsache sei es, Zeit am Wasser verbringen, meint er. Durch die fischereilich breit gefächerten Interessen gibt es kaum eine fachliche Frage, auf die Andy keine Antwort kennt. Seine Beratung ist bei seiner Kundschaft entsprechend gefragt.
Auf Karpfen
Während des Lockdowns musste auch Andy den Ladenschlüssel drehen. Seine Zwangsferien versuchte er zu geniessen und so schafften wir es sogar, zusammen fischen zu gehen. Wir trafen uns früh am Inkwilersee, einem kleinen Gewässer mit Karpfenbestand auf der Kantonsgrenze von Bern und Solothurn. Andy war fürs Karpfenfischen gut ausgerüstet und meinte, dass es auch bei ihm zu Hause ein bisschen wie in einem Fischerladen aussehe. Auch bei uns steht einiges im Keller zum Testen, und so hatten wir wirklich genug Material dabei. Die vier Ruten waren schnell in Position, einzig das Wetter machte nicht ganz, was es sollte; die Vorhersage meldete Sonnenschein und 18 Grad, aber davon war noch nichts zu sehen.
Die Aufregung um den ersten Fisch gibt warm, leider geht er Andy im Drill verloren. Wir amüsieren uns trotzdem mit viel Fischerlatein und alten Geschichten. Mit einer Schleie und dem ersten Karpfen klappt es dann doch bald. Beim nächsten Karpfen ist Teamarbeit gefragt, ich darf den Fisch drillen und ziehe ihn erfolgreich durch fast alle Seerosen, aber kurz vor dem Ufer geht es nicht mehr weiter. Andy hat zum Glück etwas längere Arme und kann den Fisch mit der Rute etwas besser um das Grünzeug manövrieren; Mauro zeigt sich geschickt mit dem Feumer und ein richtig toller Karpfen kommt zum Vorschein. Was für ein Spass! Den ganzen Tag über klingelt Andys Telefon immer wieder: «Nein, ich bin am Fischen und heute mal nicht im Geschäft, bin morgen wieder da.»
Der Start nach Corona war intensiv, die Kunden standen vor dem kleinen Laden Schlange und Andy freute sich über die Kundentreue. Das liess ihn die paar Wochen ohne Einkommen etwas einfacher verdauen. Andy hat noch lange nicht genug vom kleinen, aber feinen Fischerladen am Helvetiaplatz und beabsichtigt, das Geschäft noch einige Zeit zu führen. Wir wünschen ihm viel Erfolg dabei und beim Fischen Petri Heil!
2 Kommentare
Tanja | 23 | 11 | 2023 |
Hallo, habt Ihr Sinknymphen? LG Tanja
Martina
Guten morgen
Gerne hätte ich gewusst, ob sie auch Schlüsselanhänger haben mit einer ca. 5cm Korkkugel daran?
Wir bräuchten
Vielen Dank.
Beste Grüsse
Martina