Bootlose Kunst:</br>[Norwegen vom Ufer]
10 | 02 | 2023 ReisenText: Florian Pippardt | Fotos: Florian Pippardt & Benno Klötzer 16416
10 | 02 | 2023 Reisen
Text: Florian Pippardt | Fotos: Florian Pippardt & Benno Klötzer 1 6416

Bootlose Kunst:
Norwegen vom Ufer

Fischen in Norwegen ohne Boot? Geht doch! Florian Pippardt befischte den Hardangerfjord zu Fuss und fing sich die Finger wund. Eine kurzweilige, sportliche und erfolgreiche Angelei, die definitiv viel mehr als nur eine Schlechtwetter-Alternative ist. Hier sein Bericht.


Mein Angelfreund Benno blickte erstaunt drein, als wir unsere ersten Würfe von einem Steilufer des Hardangerfjords machten. Seine Meeresangel-Erfahrung beschränkte sich bis dato auf einen alljährlichen Trip nach Langeland, also Dänemark. Aber in den letzten Jahren wurde aus der Tour eine Tortur. Die Dorsche in der westlichen Ostsee sind momentan einfach weg, das muss man sich eingestehen. Und so überredete ich ihn zu einem 14-tägigen Norwegen-Trip an den Hardangerfjord. Keine feste Anlage, kein Boot. Herumfahren, zelten, wandern, Fische fangen! 

 Bennos erster Norwegen-Fisch  war ein kleiner Dorsch in perfekter Küchengrösse – und der Startschuss für eine erfolgreiche 14-Tage-Tour.

Bennos erster Norwegen-Fisch war ein kleiner Dorsch in perfekter Küchengrösse – und der Startschuss für eine erfolgreiche 14-Tage-Tour.

Und zwar viel mehr als im Langelandbelt, wie Benno schon mit seinem vierten Wurf feststellen durfte. Ein schöner Küchendorsch, für den er in Dänemark bestimmt viele lange Driften gebraucht hätte. Direkt danach landete sein allererster Pollack in seinem Feumer. «Wow, ich hätte nie gedacht, dass es hier so gut anfängt. Hoffentlich geht das so weiter!» Ging es ... 

Dass man in Norwegen vom Ufer mal einen Fisch fangen kann, ist kein Geheimnis. Das merkt jeder, der auf der Hinfahrt die Rute aus dem Kofferraum fummelt, während er auf die Fähre über den Fjord wartet, weil er es nicht mehr aushalten kann. Aber Norwegens Ufer haben viel mehr zu bieten als Fähranleger und einen «Dorsch to go». Wir angelten direkt neben wunderschönen Steilküsten und Wasserfällen, eine Stelle war sogar direkt neben einer rustikalen Ferienhaussiedlung aus Block-Holzhäuschen mit Whirlpool und Sauna. Gut, zugegeben, hier zu fischen, war bestimmt nur halb legal. Aber die norwegische Kaution gegen Hausfriedensbruch sind 2 kg Pollack­filets, die hat man schnell beisammen …

 Viele Wege führen durch die Hecke oder über Äcker und Felsen. Aber manchmal erwischt man auch echte Ausnahmekulissen, hier eine leerstehende Blockhütten-Tagungsstätte.

Viele Wege führen durch die Hecke oder über Äcker und Felsen. Aber manchmal erwischt man auch echte Ausnahmekulissen, hier eine leerstehende Blockhütten-Tagungsstätte.

Dass ein Wasserfall und eine Blockhütte natürlich keinen eingefleischten Norwegenangler vom Boot locken, ist klar. Trotz netter Nebenschauplätze und einer gewissen romantischen Kulisse wollen wir primär eine Sache, und das ist Fisch. 

Ich will Dir keinesfalls vermitteln, dass eine Ufertour «besser» sei als ein Bootsangeltrip. Die Uferangelei hält Vor- wie auch Nachteile bereit, wobei ich – je länger ich vom Ufer fischte – mehr und mehr positive Aspekte entdeckte, mit denen ich zuvor nicht gerechnet hatte. Und das, obwohl ich schon in Norwegen war und sowohl vom Boot als auch vom Ufer geangelt hatte. Letzteres aber nur dann, wenn der Sturm zu stark war, um rauszufahren. Die Trips waren dementsprechend kurz. Nicht so diesmal, wo mir ganze 14 Tage Uferangeln pur zur Verfügung standen. 

 Eine kleine Umhängetasche oder ein Rucksack sollte die Köderbox aufnehmen und Stauraum für den Fang bieten. Dazu kommen noch eine Kleinteilebox mit stabilen Wirbeln, eine Schere und reissfeste Vorfachschnur in 0,4 und 0,5 mm Durchmesser.

Eine kleine Umhängetasche oder ein Rucksack sollte die Köderbox aufnehmen und Stauraum für den Fang bieten. Dazu kommen noch eine Kleinteilebox mit stabilen Wirbeln, eine Schere und reissfeste Vorfachschnur in 0,4 und 0,5 mm Durchmesser.


Vorteile des Uferangelns 

Wo liegen also die Vorteile einer Ufertour? Also zuallererst ist man als Uferangler in Norwegen eine seltene Spezies. Während zur Heringszeit in deutschen Häfen tausende Fischer Schulter an Schulter stehen und sich Meerforellenangler in Dänemark ein kleines Seegefecht in knietiefem Wasser liefern, ist man in Norwegen weit und breit der einzige Uferangler. Kein Schwein in Sicht, nur gelegentlich ein Schweinswal. Gute Uferstellen – das will ich an dieser Stelle vorwegnehmen, obwohl wir noch gar nicht übers Angeln selbst sprechen – sind möglichst steile Felshänge, an denen Blasentang wächst. Direkt davor sollte die Wassertiefe mindestens 10 bis 20 m betragen und wenigstens eine leichte Strömung vorherrschen. Strömung sorgt für ausreichend Nahrung und Sauerstoff. Diese Stellen lassen sich vom Boot nur bei ganz wenig Wind und einer optimalen Strömungsrichtung gut beangeln, und man muss ständig die Drift korrigieren, um nicht gegen die Felsen zu fahren. Das ist anstrengend, der Motor läuft dauerhaft und als Bootsführer kommt man fast nicht zum Angeln. Ausserdem wartet draussen oft der Seelachs- oder Makrelenschwarm, den man vom Boot viel entspannter befischen kann. Wieso also an der Uferkante zerschellen, wenn man auf offener See genauso viele (oder mehr) ­Fische fangen kann? Das hält die Uferstellen schön frei. Und vom Ufer haben wir alle Zeit der Welt, den steilen Hang Meter für Meter zu beharken. Ausserdem ist das punktgenaue Ausfischen der Uferkante vom Ufer einfacher als vom treibenden Boot. 

 Vom Ufer fängt man bloss kleine Seelachse? Das ist völlig falsch, auch zweistellige Pollack- und Dorschfänge sind möglich. Hier präsentiert der Autor einen fetten ü70er-Pollack.

Vom Ufer fängt man bloss kleine Seelachse? Das ist völlig falsch, auch zweistellige Pollack- und Dorschfänge sind möglich. Hier präsentiert der Autor einen fetten ü70er-Pollack.

Ein weiteres Argument, das fürs Uferfischen spricht, ist der geringe Aufwand. Wir fallen sozusagen aus dem Auto direkt an den Spot, benötigen nur einen kleinen Rucksack mit einer Köderbox und Kleinteilen. Wenns regnet, ziehen wir uns die Wathose und eine Regenjacke drüber, und wird das Wetter zu wild oder ist die Stelle nicht gut, sind wir schnell wieder im Auto, trinken einen Kaffee und brausen zum nächsten Spot. Wer ganz viel Glück (oder schlau gebucht) hat, der kann sogar vom Ferienhaus direkt an den Spot laufen. Da hat der Bootsangler noch nicht einmal seinen Floater angezogen und Sprit aufgefüllt. 

Stichwort Sprit: Uferangeln ist definitiv kostengünstiger. Zwar verbraucht unser Auto auch Sprit, aber ein Boot schluckt definitiv mehr. Und Mietkosten fürs Gefährt fallen ebenso weg. 

«Mag ja sein, aber vom Ufer fängst Du doch nur kleine Seelachse!» Das ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Ganz besonders auf Pollack hat man genauso gute Fangchancen wie vom Boot, wenn nicht sogar bessere. Wir fingen auf unserer Reise an jeder (!) Stelle Pollack und Dorsch, gute Spots brachten locker zweistellige Fangzahlen und Fische bis Mitte 80 cm. 

 Eine atmungsaktive Wathose mit stabilen Watschuhen und im Optimalfall Spikes sind nützlich, denn plötzliche Regenschauer sind eher die Regel als die Ausnahme.

Eine atmungsaktive Wathose mit stabilen Watschuhen und im Optimalfall Spikes sind nützlich, denn plötzliche Regenschauer sind eher die Regel als die Ausnahme.


Nachteile des Uferangelns

Aber ein Trip zu Fuss ist nicht immer eine wunderbare Wanderung durchs Schlaraffenland. Das zeigt sich schnell anhand mehrerer Aspekte. Wer gerade mit seinem Handy oder Computer auf Google Maps herumscrollt und sich zum Beispiel den Hardangerfjord anschaut, weil ich ihn erwähnt habe, der wird sofort feststellen, wie stark bebaut dieser doch ist. Somit bleibt wenig Platz zum Fischen. Und viele Ecken, an denen kein Haus, kein Hof, keine Ferienanlage oder kein Hafen steht, sind zu steil zum Bauen – und zum Angeln. Manchmal sieht es auf der Satellitenkarte gar nicht schlimm aus; man fährt voller Motivation hin und steht dann vor einer Todesklippe. Die Kletterpartie ist keinen Pollack wert. Somit wären wir an dieser Stelle bei einem offensichtlichen Nachteil: Vom Wasser kann man jede Stelle anfahren, vom Ufer braucht man: 

  1. einen Parkplatz an der Fjordstrasse (nicht zu unterschätzen)

  2. legal betretbares Gelände (vermeintlich freies Gelände stellte sich als Privatgrund heraus, was wir auch nicht über Google Maps erkannten)

  3. flaches Gefälle 

Rechnerisch folgt auf jeden brauchbaren Spot eine Niete, die nur auf der Karte gut aussah und die man umsonst besucht hat. Generell wird diese Situation aber an der offenen Küste deutlich entspannter; nur die Fjorde sind so bebaut, weil hier das Wetter nicht so stürmisch ist wie an der Küste. Lässt es der Wind zu, solltest Du ans offene Meer fahren. 

Als grosses Hindernis stellt sich beim Uferangeln auch der Boden heraus, genauer gesagt die grossen und oft steilen Felsen, auf denen wir uns bewegen. Die sind zwar ein gutes Indiz für eine fängige Stelle, aber sie mutieren nach Regenfällen auch zu grossen Schmierseife-Blöcken. Ich weiss zwar nicht, wie die Steine das hinkriegen, denn bei trockenem Wetter bieten sie guten Halt; klar und offensichtlich ist aber die Gefahr für unsere Knochen. Unterschätze das bloss nicht! Ich hatte glücklicherweise Spikes an meinen Watschuhen, aber selbst mit denen hat es mir einige Male die Füsse weggezogen. Bist Du kein guter Sportler, gehe bei Regen besser in einen Hafen oder an einen Fähranleger. Da gibt es auch Fische. Wagemutigen, die trotz Regen auf einem Stein stehen wollen, kann ich empfehlen, sich auf den Hosenboden zu setzen und langsam bis zur Wasserkante herunterzurutschen. Das habe ich auch einige Male getan. Das klappt gut, birgt aber die Gefahr, übers Ziel hinaus und mitten ins Pollack-Wohnzimmer zu schliddern.

 Auge in Auge mit der Beute – ihre Maulstellung und die Riesenaugen verraten, dass Pollacks ihre Opfer von unten aus der Deckung beobachten und attackieren.

Auge in Auge mit der Beute – ihre Maulstellung und die Riesenaugen verraten, dass Pollacks ihre Opfer von unten aus der Deckung beobachten und attackieren.


Anspruchsvolle Landung der Fische

Genauso körperlich herausfordernd wie der Abstieg zum Spot kann manchmal auch die Landung eines gehakten Fischs sein, denn nicht immer kommt man bis zur Wasserkante. Auch ein Nachteil im Vergleich zum Boot! Trotzdem geht es. Hier eröffnen sich uns zwei Optionen: Wir schleifen den gehakten Fang per Hand die Steilkante bis zu uns herauf, in dem wir an der Schnur ziehen, oder nutzen einen Feumer mit langem Stiel. Für mich hat sich die erste Variante als bessere herauskristallisiert, denn oft ist ein Feumer unhandlich und eine Belastung beim Klettern an den steilen Hängen. Das Hochziehen eines Fangs hört sich zwar erstmal irgendwie brutal an, aber bedenke: Die Steine in Ufernähe sind fast immer glitschig-nass, weil sie von Wellen überspült werden. Sie sind fast genauso schleimig wie der Fisch, und definitiv geschmeidiger als ein Feumernetz. 

Welchen Fisch wir landen können, ist beim Uferangeln nicht mit einem Wort gesagt. Wir fingen – im Süden des Landes wohlgemerkt – Knurrhahn, Lippfisch, Wittling, Pollack, Schellfisch, Dorsch, Leng, Makrele, Flügelbutt und Stöcker. Ausserdem sahen wir einige grosse Meer­forellen direkt vor uns springen. 

Die Artenvielfalt vor dem Ufer ist gross, aber natürlich längst nicht so gross wie beim Bootsangeln. Ebenso ein kleiner Minuspunkt, besonders, wenn man gezielt auf Lumb, Steinbeisser, Heilbutt, Seelachs oder Rotbarsch fischen­ will. 

 Anglerisch sind Frühaufsteher nicht im Vorteil, es beisst den ganzen Tag – aber es lohnt sich trotzdem, wie solche Szenerien beweisen.

Anglerisch sind Frühaufsteher nicht im Vorteil, es beisst den ganzen Tag – aber es lohnt sich trotzdem, wie solche Szenerien beweisen.


Uferangelspots finden

Es gibt also durchaus einige Abstriche, die man als norwegischer Uferpionier machen muss. Trotzdem überwiegen die positiven Aspekte in meiner Wahrnehmung deutlich. Kommen wir an dieser Stelle nun zur Angelei selbst und beginnen bei der Spotsuche. 

Wenn ich eine Uferangelstelle finden möchte, öffne ich die norwegische App «Eniro». Sie ist in etwa wie Google Maps. Über die Satellitenkarte suche ich primär nach Landspitzen, die in den Fjord (oder ins Meer) hinausragen. Am allerbesten in eine Verengung (als «Sund» oder «Straumen» bezeichnet), denn dort herrscht häufig viel Strömung, die an einer Landspitze besonders stark ist. Völlig ausser Acht lasse ich die hinteren Ecken der Fjorde (in unserem Fall war das die Region um die Stadt Odda), denn dort fehlt Strömung. Ich sage nicht, dass es dort keine Fische gibt, dennoch verbessert sich die Lage in Richtung offene Küste sehr und der Artenreichtum wird grösser. 

Es muss auch nicht zwingend eine Landspitze sein, davon gibt es nämlich vergleichsweise wenig, wichtig ist der Strom – und ausreichend Tiefe, d.h. mindestens 10 bis 20 m in Wurfweite (für Pollack). Je tiefer man werfen kann, desto grösser wird die potenzielle Fangpalette. Einen besonderen Blick wert sind auch Bereiche um Lachszuchten, natürlich in ausreichend grossem Abstand. Das, was von den Lachsen nicht weggeputzt wird, ist ein gefundenes Fressen für kleine Lippfische, Wittling, Pollack, Seelachse und Krabben. Die wiederum sind Grund genug für grosse Meeresräuber, sich ebenfalls dort aufzuhalten. 

Nachdem ich mir einige Stellen gemerkt habe, gucke ich erst, ob ich dort überhaupt ans Wasser komme. Sieht es frei aus, ist der Parkplatz die letzte Hürde. Erst, wenn ein geeigneter Parkplatz gefunden ist, markiere ich den Spot in Google Maps, um ihn auszuprobieren. 

 So sieht der perfekte Spot aus: Steile, aber noch begehbare Felsen am Ufer. Das Foto entstand übrigens nicht im Fjord, sondern an der offenen Küste, genauer gesagt auf Storslåttøya weiter im Norden. Uferangeln ist überall möglich!

So sieht der perfekte Spot aus: Steile, aber noch begehbare Felsen am Ufer. Das Foto entstand übrigens nicht im Fjord, sondern an der offenen Küste, genauer gesagt auf Storslåttøya weiter im Norden. Uferangeln ist überall möglich!


Wie angelt man vom Ufer? 

Wir stehen endlich auf dem Felsen. In der Hand liegt die 2,70 m lange Zanderrute mit 60 g Wurfgewicht, auf der Rolle ist ausreichend Schlagschnur, vorn dran ein stabiler Einhänger. Ich hänge zuerst einen Gummifisch mit 20 bis 30 g-Kopf ein; am liebsten einen Lunker City Shaker in 10 cm oder einen kleinen Savage Gear Sandeel. Eine tolle Wahl ist auch ein Meerforellenblinker von 20 g, der Westin Solvpilen lieferte richtig ab. Den Köder werfen wir mit einem lockeren Schwung aus, um erstmal den Uferbereich abzufächern; Pollacks stehen gern am Fuss des steilen Hangs. Wir lassen den Köder am geöffneten Bügel gerade zum Grund absinken, sodass er nicht auf uns zutreibt. Ist der Köder am Grund, Bügel zu, langsam hochkurbeln ohne anzuhalten – und wenn’s schwer wird, unbedingt anschlagen. Mehr ist es nicht! 

Obwohl ich Gummifische benutzt habe, habe ich nicht gejiggt oder gefaulenzt. Das langsame Einholen scheint besonders für Pollack die effektivste Variante zu sein, da der Köder dauerhaft über dem Räuber schwimmt und Pollacks (wie man an ihrer Maulstellung sieht) ihre Beute gern von unten attackieren. Sie liegen im Tang am Grund und beobachten die Wassersäule über ihnen. Zeigt sich eine potenzielle Beute, lösen sie sich vom Grund und schwimmen hinterher. Dann schieben sie sich langsam an unseren Köder und öffnen ihren grossen Schacht. Das geschieht aber eher langsam, und so fühlt sich auch der Biss an, als würden wir im Kraut festhängen. Einen «Tock» gibt es selten. 

Auf gejiggte Köder, die ständig zu Boden sinken, bekamen wir deutlich weniger Bisse. Ich denke, dass der Pollack eine flüchtende Beute will, die er von unten gut anpeilen kann. Das Jiggen liessen wir irgendwann ganz sein, weil die stupide Einkurbeltechnik wirklich deutlich besser funktionierte.  

Mit der Einholtechnik fischen wir den Halbkreis vor uns sorgfältig aus. Interessant zu wissen: Ganz häufig beissen die grössten Fische zu allererst. Ist ja eigentlich auch logisch, wenn man drüber nachdenkt: Wer zuerst frisst, wächst am schnellsten. Hier zeigt sich ein Nachteil der Absinkphase am offenen Bügel, denn häufig kommt hier schon ein Biss. Diesen Fisch haken wir selten, aber noch am ehesten, wenn unser Haken nadelspitz ist. Dann hakt sich der Fisch gegen den Schnurdruck selbst. Einige Male hing mein Köder vermeintlich fest, doch der Hänger entpuppte sich als Meeresräuber.

 Den Gummi auswerfen, am offenen Bügel absinken lassen, langsam einholen. Nicht anhalten, nicht jiggen, nicht faulenzen, kein wildes Gereisse! Pollack verfolgen ihre Beute einige Meter, ehe sie sich langsam von hinten drüber schieben. Der Biss ist also eher ein Festhalten als ein knallharter Schlag. Fällt Dir das Einholen plötzlich schwer, dann schlag an!

Den Gummi auswerfen, am offenen Bügel absinken lassen, langsam einholen. Nicht anhalten, nicht jiggen, nicht faulenzen, kein wildes Gereisse! Pollack verfolgen ihre Beute einige Meter, ehe sie sich langsam von hinten drüber schieben. Der Biss ist also eher ein Festhalten als ein knallharter Schlag. Fällt Dir das Einholen plötzlich schwer, dann schlag an!


Wildes Gereisse sorgt für Fehlbisse

Geht dann auf Gummifisch irgendwann nichts mehr, montiere ich einen kleinen Pilker von 40 bis 80 g. Ich habe einfach die billigsten genommen, die ich finden konnte. Das sind «Cool Herring»-Pilker von Kinetic für 2 Euro pro Stück. Gegen die wirken die anderen Modelle im Regal wie Goldbarren. Aber auch ein 14 Euro-Pilker reisst ab, wenn er an einem bewachsenen Stein hängen bleibt. Mit dem kleinen Pilker erreiche ich Wurfweiten, von denen der Gummifisch nur träumen kann, und fische die weit entfernt liegenden Bereiche ebenso systematisch fächerförmig ab. Am häufigsten fingen wir Dorsch und Leng mit dem Pilker in tieferem Wasser, gelegentlich kleine Seelachse, die sich den Pilker in der Absinkphase im Mittelwasser schnappten. 

Auch beim Pilken blieb ich nicht bei der Standardtechnik. Reissende Pilkbewegungen gehen erstens sehr stark auf die Arme und bringen auch viele Fehlbisse. Das mag ich nicht. Als gute Alternative zum wilden Gereisse empfehle ich für den Pilker (anders als beim Gummi) das Jiggen oder Faulenzen. Rutenspitze auf 10 Uhr, 3 bis 5 langsame (!) Kurbelumdrehungen, Köder an gespannter Schnur absinken lassen, auf den Tock warten, anhauen. Ich habe das Gefühl, dass sowohl Dorsch als auch Leng mit dieser ruhigen Köderführung des Pilkers besser klarkommen, weil der Köder nicht ständig aus ihrem Sichtfeld gerissen wird, wenn sie gerade mit geöffnetem Maul darüberstehen.

 Robust muss es sein, das Gerät. Zähe Gummimischungen wie beim Lunker City Shaker (oben) halten einige Attacken durch. Pilker sind noch langlebiger.

Robust muss es sein, das Gerät. Zähe Gummimischungen wie beim Lunker City Shaker (oben) halten einige Attacken durch. Pilker sind noch langlebiger.


Das Strömungs-Phänomen

Der grösste Wert des günstigen Pilkers zeigte sich dann erst im Laufe der Zeit durch ein Phänomen, das ich im Vorweg nicht als solches einschätzte. An manchen besonders steilkantigen Landspitzen herrschte eine starke Strömung. Ich warf meinen Gummifisch wie gewohnt aus, liess ihn am offenen Bügel absinken, schloss diesen, kurbelte an – und hatte sofortigen Widerstand. Ha, Fisch! Hm, bewegt sich gar nicht. Riesenfisch? Nee, Hänger. Und zwar nicht nur ein Mal, sondern fünf Mal. Schuld an der Hänger-Misere sind zum einen die Strömung und zum anderen der Gummifisch. Dieser bietet vergleichsweise viel Angriffsfläche und sinkt langsam ab, er wird von der Strömung leicht erfasst und dann in eine der vielen Felsspalten unter Wasser gedrückt, woraus wir ihn nicht mehr befreien können. Und an dieser Stelle sollten wir den rettenden Pilker aus der Box wühlen – der rast nämlich zum Grund wie eine Rakete und lässt sich von der Strömung nicht beeinflussen. Auch in diesen Fällen pilke ich übrigens nicht. Ebenso wird bei viel Strömung nicht gejiggt, sondern ich kurbele den Pilker – wie einen Gummifisch oder Mefo-Blinker – ganz langsam nach oben. Damit der Bleistift ein wenig Eigendynamik bekommt, verbiege ich seine oberste Öse leicht (!) mit einer Zange. Und siehe da, er flattert, fängt – und bleibt nicht hängen. 

Was hängen bleibt, ist ein fantastisches Erlebnis unserer Atlantik-Safari zu Fuss. Wenn Du einmal mit drei dicken Pollackfilets im Rucksack den nassen Waldboden zum Parkplatz hinaufgekrochen bist, abgekämpft am Auto stehst, sich den Dreck von den Händen klopfst und einen letzten Blick auf das tiefblaue Wasser vor den marmorierten Steilwänden wirfst, wird Dein Gesichtsschweiss durch Lachfalten laufen. 


Die App ENIRO

Ufer-Kartenplotter

Unser bester Freund in Norwegen heisst «Eniro». Eine kostenlose App, die es in sich hat. Einerseits können wir extrem hochaufgelöste Luftaufnahmen betrachten und Strukturen sehr gut abschätzen, was enorm hilfreich ist, um das Gefälle eines potenziellen Spots einordnen zu können. Und klicken wir dann oben links aufs Menü, zeigt uns Eniro noch die passende Tiefenkarte an. Und erst noch gratis!

ENIRO im Google Play Store   |   ENIRO im Apple App Store

 

1 Kommentare


Karl

07 | 03 | 2023

mit der Internetseite www.norgeskart.no könnt ihr euch die Höhenlinien und die Tiefenlinien anzeigen lassen. Sogar Wanderwege sind eingezeichnet. Hat mit sehr geholfen.


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