02 | 10 | 2019 | Diverses | 0 | 5433 |
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Fischen im Internet
Instagram ist die neue WC-Lektüre geworden, Facebook zeigt uns die Fänge unserer Fischerfreunde. Und Fischer-Reise-Blogs, Diskussionsforen, Online-Shops und viele weitere Webseiten locken uns immer wieder ins Netz. Das Internet bringt uns Zeitvertreib, enthält viel Schrott, aber auch ein paar wirklich nützliche Neuerungen.
Grosse Fische werden seit jeher geteilt. Waren es früher ganze Familien, die ein Filetstück abbekamen, so ist es heute die Online-Community, mit der kapitale Fische geteilt werden. Es tummeln sich tausende Fischer auf den Social Media-Kanälen und viele strecken fürs Leben gern ihren Fang in die Kamera. Was sich früher auf ein paar Seiten im «Petri-Heil» beschränkte, ist heute zur endlosen Fangstrecke geworden: Das Internet ist voller grosser und weniger grosser Fische, alleine auf Instagram könnte man jeden Tag tausende neuer Fänge durchscrollen. Es ist ja auch einfach geworden: Ein Instagram-Post ist eine Sache von zwei, drei Minuten, Blog-Seiten sind als Bausatz gratis verfügbar, und wer auf seinen Fischerausflügen eine Kamera dabei hat, macht am Abend noch schnell einen Reisebericht.
Fischerparadies Internet
Es geht im Internet ja nicht nur ums Herzeigen, sondern vor allem ums Verkaufen. Online-Shops haben die fischereiliche Landschaft der Schweiz fundamental verändert. Während früher die Händler mit schönen Margen und Monopolstellungen ein gutes Geschäft machen konnten, müssen sie zusehends Trumpf um Trumpf aus der Hand geben. Den fischenden Rappenspaltern ist schnell klar geworden, dass der günstigste Preis für eine Rute oder Rolle fast immer in den anonymen Weiten des Internets zu finden ist. Ja, es gibt alles günstiger in China, alles. Und das Fischerladen-Sterben geht derweil weiter. Wer überleben will, muss alle Register ziehen. Aktionstage, Teamfischer, und am besten selbst einen Onlineshop betreiben. Wer dabei vorne mitmischen will, muss Gratis-Versand und sofortige Lieferung anbieten. Was den Händlern bleibt, ist die kompetente Beratung: Auf die Frage, welche Schnur ich auf meine Egli-Rute spulen soll, kriege ich im Fischereiartikelgeschäft eine passende Spule in die Hand gedrückt. Im Internet erhalte ich hingegen eine Vielzahl verschiedener und sich widersprechender Antworten.
«Wie fange ich Hechte?»
Seiten, auf denen man brauchbares und kompetentes Fischerwissen findet, sind rar gesät. Die Webseite unserer Schwesterzeitschrift «Blinker» ist in Deutschland diesbezüglich die Nummer eins, und wer auf Google zum Beispiel nach Antworten auf die Frage «Wie fange ich Hechte?» sucht, wird hier mit ausführlichen Tipps und zahlreichen Verweisen belohnt. Auch das «Petri-Heil»-Web-Archiv enthält eine Vielzahl an Online-Artikeln. Eine Schweizer Sonderform sind News-Seiten von Kleinstredaktionen, die quasi nur aus Einzelkämpfern ohne Korrespondenten-Netz bestehen und oft nicht viel mehr vermögen, als Medienmitteilungen weiterzuverbreiten.
Wirklich wertvolle Informationen können hingegen Foren liefern. Die spezifischen Diskussionen um Gewässer, Köderfarben oder Beisszeiten können lehrreich sein und es hat viele kompetente Fischer, die mit ihrem umfangreichen Wissen nicht zurückhalten. Die grösste Forenplattform der Schweiz ist das Fischerforum.ch, in welchem bis dato über 150 000 Einträge zu mehr als 10 000 Themen geschrieben wurden. Solche Foren bilden oft eine Community, und Mitgliedern, die Fragen oder Probleme haben, wird ausführlich geholfen. Bei den Foren bleibt der finanzielle Profit aussen vor, viele sind explizit werbefrei.
Wutbürger und patente Rezepte
Während mit Online-Shops relativ gut Geld generiert werden kann, ist dies bei vielen Webseiten ein fundamentales Problem. So kann sich ein Blogger noch so sehr als eifriger Lokalreporter hervortun und jede Nachricht aufgreifen, weiterteilen und kommentieren, doch bleibt dies fast gezwungenermassen brotlose Kunst. Dieses Problem potenziert sich förmlich, wenn die Reichweite auf die Schweiz beschränkt bleibt. Dasselbe mit den kleinen Fischerreise-Seiten: 45 Views … Ja, wen interessiert nach dem zwölften Fischer-Ausflugs-Bericht noch, was ein Fischer da und dort und hier wieder gefangen hat? Man kann schon eine Webseite für sich selbst machen, aber irgendwie ist das nicht Sinn und Zweck der Übung.
Wer dann vor allem auf Facebook immer wieder auf den Plan tritt, sind die sogenannten «Wutbürger». Sie gehen mit ihrer Meinung zu allem und jedem online hausieren und feuern in ihrem dauernden Erregungszustand sprichwörtlich auf alles, was sich bewegt. In der Fischerei kann fast alles zur Zielscheibe werden: Blut auf Fangfotos, Catch&Release, Fliegenfischer, Schleppfischer, Fleischfischer, Street-Fisher, Ausserkantonale, natürlich generell Ausländer, Frauen, und immer besonders beliebt: Die Zeitschrift, die Du gerade am Lesen bist.
Die wirklich patenten Rezepte für den Erfolg im Internet sind also rar gesät. Einer, der einen vielversprechenden Ansatz umgesetzt hat, und sich ganz einer digitalen Fischercommunity verschrieben hat, ist Alex Nussbaumer. Er hat die Möglichkeiten des Internets gezielt genutzt, um einen fischereilichen Mehrwert anzubieten. Mit seiner Webseite Catcheria hat er sich auf die Gewässersuche für Fliegenfischer spezialisiert – und hat damit auch Erfolg. Wir haben Alex in Aarau zum Gespräch getroffen.
«Petri-Heil»: Alex, wie hast Du das Unternehmen Catcheria begonnen?
Alex Nussbaumer: Nach dem Studium in Betriebswirtschaft habe ich mich nach einem neuen Bereich umgesehen, wo ich neben meiner Haupttätigkeit aktiv werden könnte. Vielleicht was mit Fliegenfischen, das wärs doch. Ich kam dann über die Gewässervorstellungen in eurer Schwesterzeitschrift «Fliegenfischen» auf die Idee, diese systematisch zu sammeln und aufzubereiten. Dem voraus ging ein anderes Erlebnis: Ich plante einen Trip ins Südtirol und wollte mich dafür schlau machen. Ganze vier Stunden brauchte ich, um mir Guide, Unterkunft und Patent im Netz zu organisieren. Unterwegs im Flieger fasste ich dann den Entschluss, dies genauer durchzuziehen. Meine Hartnäckigkeit kam mir da sicher entgegen: Ich bin jemand, der sich voll in eine Sache reinkniet, wenn er mal angefangen hat.
Was für ein Konzept steht hinter Catcheria?
Es sollte eine Art Datenbank für Fliegenfischer geben, wo interessante Gewässer schnell und einfach gefunden werden können. Da gab es ja bereits einige Webseiten und Apps. Vieles davon mit guten Ansätzen, die aber nie ganz umgesetzt wurden. Auf Catcheria soll man mit wenigen Klicks an die wichtigen Informationen kommen. Um diese zu sammeln, habe ich begonnen ins Netzwerk zu investieren. Ich habe mir also ein Facebook-Profil erstellt, bin an die Messen gegangen und habe die Hotels angeschrieben. Der Start war sehr gemächlich. Lanciert hatte ich die Webseite mit etwa 30 Gewässern aus fünf Ländern. Ich musste immer wieder umstellen und brauchte dafür auch IT-Unterstützung von Freunden. Dann hat sich das laufend entwickelt: Guiding, Kurse, Reisen, Hotels. Und ich versuchte, die lokalen Angebote möglichst gut zu verknüpfen.
Rechnet sich so eine Webseite?
Eine Webseite ist ja schnell mal aufgeschaltet, aber für den Inhalt muss hart und intensiv gearbeitet werden. Und das ist ein finanzielles Wagnis. Am Anfang machte ich sehr viel Werbung, um genügend Reichweite aufzubauen. Das hat auch gekostet, doch mittlerweile läuft die Sache. Ein Grund dafür ist das Such-Verhalten. Nur weil ich als User via Google auf einen interessanten Beitrag stosse, heisst das nicht, dass ich immer wieder auf diese Seite zurückgreife. Es sei denn, dass Google mich immer wieder dorthin bringt.
Viele Webseiten bringen bei hohem Aufwand viel zu tiefe Erträge. Gerade in der europäischen Fliegenfischer-Szene, wo der Markt verhältnismässig klein ist, muss man mit einer schwarzen Null zufrieden sein. Ich investiere viel Zeit in die Webseite und solange ich keine Verluste schreibe, stimmt das für mich. Doch mein «Lohn» ist in erster Linie ein Netzwerk von Gleichgesinnten und das Ausleben meiner Leidenschaft. Das sind «soft rewards», keine harten Devisen.
Was sind die Gründe für den Erfolg von Catcheria?
Ich wollte eine Plattform bieten, wo jeder mitmachen kann und ich niemandem ans Bein trete. Und ich will Partner und Kameraden, keine Konkurrenz. Der Fokus von Catcheria liegt denn auch nicht auf den Trophäen. Es geht nicht darum, wer wo welchen grossen Fisch gefangen hat. Ich will das wichtigste Minimum an Infos in der stets gleichen Struktur präsentieren. Und klar, es braucht eine attraktive Seite. Zudem versuche ich Win-Win-Verhältnisse zu schaffen. Sobald ein Fischerhotel oder ein Pächter merkt, dass eine Webseite Kunden bringt, wird die Sache interessant. Aber fast noch wichtiger ist: Man muss offen und kommunikativ unterwegs sein und auf die Leute zugehen.
Was auch wichtig ist: Das Fischen findet immer noch draussen statt, entsprechend «muss» ich auch viel fischen gehen. Und dem komme ich noch so gerne nach!
Vielen Dank für das Gespräch!
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