29 | 04 | 2017 | Schweiz | 0 | 7393 |
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Fussball-Meister-Fischer
Jeder Fussballfan in der Schweiz kennt ihn: Urs Fischer, Trainer des FCB, letztes Jahr mit Basel Schweizer Meister, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit 2017 wieder Schweizer Meister. Urs Fischer hat neben dem Fussball noch eine andere Leidenschaft: Fischen – Fliegenfischen, um genau zu sein. «Petri-Heil»-Redaktor Erich Bolli begleitete ihn an die Birs.
Zur Verstärkung seines Teams hat Urs Fischer an diesem prächtigen Vorfrühlingstag noch seinen Assistenztrainer Markus Hofmann und den zweiten Goalie des FCB Germano Vailati mitgebracht, beides ebenfalls Fliegenfischer. Ermöglicht wurde dieser Fischer-Tag durch den ehemaligen FIPAL-Präsidenten Christian Trutmann, der seinerseits noch einen exzellenten Fliegenfischer aus dem Vorstand der FIPAL, Felix Huber, aufgeboten hat. Da sollte eigentlich nichts schiefgehen, zumal sich die Birs an diesem Tag von ihrer freundlichen Seite zeigt: Normaler Wasserstand, das Wasser ganz leicht angetrübt. Einige Sorgen bereitet uns lediglich die grell scheinende Sonne mit den entsprechenden Schlagschatten und das noch sehr kalte Wasser, auf dessen Oberfläche keinerlei Aktivität festzustellen ist. Also nichts mit der Trockenfliege, ein Fall für Streamer und Nymphe. Doch die Forellen sind noch nicht so spritzig und passen auf.
Der Fussballer
Die älteren unter uns erinnern sich noch gut an den Fussballspieler Urs Fischer: Er debütierte 1983/84 als Profi in der ersten Mannschaft des FCZ. Als festes Bollwerk in der Abwehr spielte er bis 1987 und nochmals von 1995 bis 2003 beim FCZ. Unvergesslich ist das Jahr 2000, als er den FCZ als Captain zum Cupsieg führte. Zwischen 1987 und 1995 spielte er für den FC St. Gallen. In diesen Jahren kam er unter dem damaligen Nationalcoach Uli Stielike zu vier Länderspiel-Einsätzen mit der Schweizer Nationalmannschaft. 2003 beendete er seine lange Spielerkarriere. Kein anderer Fussballer hat bisher mehr Partien in der obersten Schweizer Liga ausgetragen als er; zwischen 1984 und 2003 bestritt er nicht weniger als 545 Partien.
Urs Fischer setzte ab 2003 voll auf die Trainerlaufbahn. Er begann beim FCZ als U-14- und U-21-Trainer und übernahm 2010 den Cheftrainerposten. In der Saison 2010/11 wurde er mit dem FC Zürich Schweizer Vizemeister. Dann erfolgten 2013 bis 2015 die Höhenflüge als Trainer des FC Thun, mit dem er überraschend bis in die Gruppenphase der UEFA Europa League vorstossen konnte. Für diese starke Leistung wurde er 2014 zum Schweizer Fussballtrainer des Jahres gewählt.
Diese hervorragenden Leistungen blieben in Basel nicht verborgen. Als sich die Trennung vom damaligen Trainer Paulo Sousa abzeichnete, erfolgte der Ruf des FC Basel an Urs Fischer. Gleich im ersten Jahr als Cheftrainer errang er 2016 mit dem FCB den Schweizermeistertitel, und auch in diesem Jahr ist er auf dem besten Weg dazu. Dennoch wurde nach dem Machtwechsel beim FCB beschlossen, die Zusammenarbeit mit Urs Fischer nach Abschluss der laufenden Saison zu beenden.
Der Fischer
Die Arbeit als Cheftrainer bei einem Grossverein wie dem FCB erfordert naturgemäss viel Präsenz, Einsatz, Kraft, Konzentration und manchmal bei engen Spielen und wichtigen Entscheiden wohl auch Nerven. Und wo kann man sich von der beruflichen Belastung am besten erholen? Beim Fischen natürlich!
Petri-Heil: Du sprichst einen ausgeprägten Zürcher Dialekt, der auf deine Herkunft verweist...
Urs F.: Natürlich, aber da gibt es Kreise in Zürich, wo die Dialekte extremer sind. Ich bin in Zürich-Affoltern aufgewachsen, spielte von klein auf mit der Unterstützung der Eltern Fussball, durchlief dort die Schulen und machte eine KV-Lehre auf einer Bank, bevor ich zuerst als Halbprofi, dann als Vollprofi in den ersten Mannschaften des FC Zürich und FC St. Gallen spielte.
Und wie kamst du zum Fischen?
Das war so: Als Knabe bekam ich eine Fischerrute zu Weihnachten und ging dann die ersten paar Male mit dem Vater zum Fischen an den Zürichsee, später mit Kollegen. Wir standen jeweils um drei, vier Uhr nachts auf, um die ersten auf der Quaibrücke zu sein, wo man damals noch fischen durfte. Vorübergehend legte sich die Begeisterung etwas, doch am Ende meiner ersten Zeit als Fussballer in Zürich lernte ich einen begnadeten Fischer kennen, der mich mit meinen fischenden Fussballkollegen unter anderem mit auf den Sihlsee nahm und das Feuer wieder entfachte. Ich fischte neben dem Sihlsee auch mit Zapfen und Laufrolle an Aare und Limmat, sträubte mich aber die ganze Zeit trotz Bearbeitungsversuchen von Kollegen gegen das Fliegenfischen; ich hatte das Gefühl, das sei nichts für mich. Doch dann kam vor anderthalb Jahren das Trainingslager mit dem FC Basel in Crans-Montana: Germano Vailati konnte es nicht lassen, mir während einer Trainingspause im Wallis eine Fliegenrute in die Hand zu drücken. Die Folge: Einmal diese Rute in der Hand – und es hat mich gepackt! Es brauchte dann aber einige Monate Übung, bis meine Würfe an die vorgesehene Stelle gelangten. Als Mitglied der FIPAL fische ich seither regelmässig mit der Fliege an der Birs.
Was bedeutet das Fischen für dich?
Die Freude am Fischen ist für mich zuerst einmal die Freude an der Natur, mich entspannt ans Wasser zu setzen, zu beobachten, was sich an der Oberfläche so tut. Dann die faszinierende Technik des Werfens. Der Fang steht für mich nicht im Vordergrund, sondern der Ausgleich zum Fussball. Ich kann beim Fischen bestens herunterfahren, nur noch ans Fischen denken und mich so erholen.
Was für ein schönes Fischererlebnis kommt dir spontan in den Sinn?
Da gibt es viele. Zum Beispiel fand ich auf dem Sihlsee einmal ein Loch, in dem ich innert einer Viertelstunde drei Zander fangen konnte. Oder ähnlich an der Aare bei Rupperswil: Drei Hechte innert 25 Minuten an der gleichen Stelle. Aber wie gesagt, der Fang stand bei mir nie im Vordergrund, sondern zu den schönen Fischererlebnissen gehören auch die unzähligen Stunden, die ich in geselliger Runde unter Fischern bei Höcks in Fischerclubs verbringen konnte.
Ich habe Urs Fischer als geradlinigen, offenen, mitteilsamen Menschen mit positiver Ausstrahlung kennengelernt. Während unseres Fischgangs an der Birs und des gemütlichen Ausklangs am Abend bei einem Fondue wurde auch viel gelacht. Zum Schluss noch meine Frage, ob er unser Magazin «Petri-Heil» schon kenne. Urs lacht: «Natürlich, ich bin seit mehreren Jahren Abonnent und freue mich jeden Monat auf die spannende Lektüre. Eigentlich schade, dass ‹Petri-Heil› nicht zwei Mal pro Monat erscheint.»
Danke, Urs, für das Interview und die «Blumen»!
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