21 | 05 | 2018 | Praxis | 0 | 5283 |
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Gut geführt ist halb gefangen!
Feines Zupfen, starkes Rucken, schnelles Kurbeln, kurze Einholpausen – moderne Kunstköder lassen sich auf unterschiedlichste Weise führen. Beim Hechtfischen setzt Dietmar Isaiasch auf viel Abwechslung in der Köderpräsentation.
Wir können einen Kunstköder gemütlich einleiern, jedoch auch zügig oder gar aggressiv führen. Es gibt viele Hechtköder, die sich erst bei raschem Zug von ihrer fängigen Seite zeigen. Ich denke da in erster Line an «Blech» – also Spinner und Blinker. Aber auch fast alle Swimbaits benötigen ein entsprechendes Tempo, damit sie in ihrem Laufverhalten aggressiv auftreten. Da sie schwer und klobig sind, brauchen sie einen starken Antrieb. Solch schnelle Köder fangen nur bei entsprechendem Zug. Dazu müssen zudem bestimmte äussere Faktoren gegeben sein.
Zügiger im warmen Wasser
Eine zügige Köderführung geht immer mit einem konstanten, gleichbleibenden Einholen einher. Um auch mögliche Verfolger zum Anbeissen zu verführen, lege ich aber während einer solchen Einholphase hin und wieder eine kurze Kurbelpause ein. Aber nicht zu oft, maximal zwei Pausen pro Wurf. Besonders wenn das Wasser stetig wärmer wird, haben solche zügig und gleichmässig angebotenen Köder die Nase vorn. Im warmen Wasser sind sowohl Jäger als auch Gejagte putzmunter – was ihrem gesteigerten Stoffwechsel geschuldet ist. Die Jäger orientieren sich gezielt in Richtung Oberfläche und Freiwasserregion sowie der Krautbereiche, denn hier gibts Nahrung im Überfluss. Aber sie müssen schnell sein, wenn sie nicht leer ausgehen wollen. Ein solch aktives Schwimmverhalten bringt den Energiehaushalt der Fische nicht aus dem Gleichgewicht, da das Wasser warm ist und die Muskulatur keine zusätzliche Energie verbraucht.
Um auch Verfolger zum Anbeissen zu verführen, lege ich beim Einholen kurze Kurbelpausen ein. Aber nicht zu oft, maximal zwei Pausen pro Wurf.
Nur nicht langweilen
Man könnte annehmen, dass ein ruhig geführter Gummifisch mit regelmässig eingestreuten Pausen immer die ideale Voraussetzung für einen erfolgreichen Angriff ist. Falsch! Monotonie ist der erste Schritt in die Lustlosigkeit. Die Neugier und das Interesse des Räubers für den Köder nehmen rapide ab. Erst der unerwartet kräftige Ruck mit der Rute, der lange Schlag, der den Köder urplötzlich nach vorn katapultiert, sprechen den Instinkt des Fischs an und lösen den Reiz zum Zuschnappen aus. Wenn man sich das einprägt, dürfte es nicht mehr schwer fallen, erfolgreich zu sein. Aggressive Köderführung funktioniert das ganze Jahr über – und zwar unabhängig vom Köder und der Fischart. Man kann sogar einen schnellen Sommerköder aggressiv führen. Unter aggressiver Führung verstehe ich ein plötzliches, unerwartetes Abweichen vom Gewohnten.
Nebenbei bemerkt: Eine aggressive Köderführung, die auf der Taktik des Überrumpelns basiert – quasi auf das Auslösen des instinktiven Beissreflexes spekuliert –, kann noch verfeinert werden: Nämlich durch die Wahl des richtigen Köders, genauer gesagt durch seine Gestalt, Farbe und natürlich die Druck- bzw. Reizwellen, die von ihm ausgehen. Letzteres hat im Prinzip dann auch etwas mit der Köderführung als solche zu tun. Denn ein rasch gezogener Kunstköder wird von sich aus weitaus grössere Reize erzeugen als ein langsam geführter. Verstärkt wird dieser Effekt, wenn der Köder bereits ein echter Radaubruder ist und die Führung seinen lautstarken Lauf noch verstärkt.
Kleine feine Unterschiede
Beim Hechtfischen muss man eigentlich ständig das Tempo wechseln und darf bei der Köderführung nicht mit Reizen geizen. Hechte sind ungemein neugierige Fische und haben eine äusserst niedrige Reizschwelle – vor allem im Frühling, wenn sich das Wasser erwärmt und die Laichzeit hinter ihnen liegt. Erst im Sommer erreicht die Reizschwelle bei den Hechten wieder ihr normales Mass. Zander dagegen sind das ganze Jahr über leicht reizbar. Besonders deutlich wird dies im Vergleich zwischen Zandern und Hechten im Sommer, wenn die Räuber in der Dämmerung im flachen Wasser auf Jagd gehen. Mit Wobblern, die man gleichmässig durchs Wasser zerrt, gibts richtig gute Zanderfänge. Fischer, die den Wobbler zügig anbieten und ihm dabei unerwartet mit kräftigen Schlägen der Rute einen zusätzlichen Schub geben, fangen eher Hechte. Ein derartiges Ausbrechen des Wobblers quittieren die Räuber mit dem Entenschnabel unbarmherzig.
Ein anderes Beispiel: Bei Eiseskälte im Winter wird ein Gummifisch träge, fast schon bewegungslos mit Pausen über den Grund gezupft. Man spricht jetzt von minimalen Sprüngen, gefolgt von langen Verschnaufpausen des Köders über dem Gewässergrund (beim Vertikalfischen) oder auf dem Boden liegend. Und dann passiert das Unerwartete: Das Boot schaukelt plötzlich oder der Jig fällt schneller als erwartet oder rutscht unvorhergesehen von einem Stein – und es erfolgt ein Biss. Der Grund liegt in beiden Fällen auf der Hand: In der Dunkelheit der Nacht sowie der Tiefe des Gewässers spielt die Farbe eine untergeordnete Rolle. Feine Druckwellenveränderungen hingegen werden vom Räuber über das Seitenlinienorgan wahrgenommen und an die Angriffsleitstelle im Gehirn übermittelt.
Beute imitieren – Bisse provozieren
Dabei bekommen bestimmte Reize einen besonderen Stellenwert. Das Rutschen des Jigkopfs auf den Steinen wird mit dem Fluchtversuch eines Krebses gleichgesetzt, der mit viel Aufwand versucht, ein Versteck zwischen den Steinen zu finden. Oder das plötzlich schnelle Auftreffen des Jigs in der Absinkphase auf den Boden wird vom Raubfisch als ängstliches Wegschiessen eines Beutefischs empfunden.
Ein weiteres Beispiel sind die lästigen Nachläufer – entweder dicht vor unseren Füssen oder auch, unbemerkt von uns, weiter draussen. Diese lassen sich meist nur durch ein plötzliches Wendemanöver in Bisse verwandeln, indem der Köder ganz unerwartet für den Verfolger eine Wende macht – eine Flucht quasi, die beim Räuber den Schlüsselreiz zum Zupacken auslöst.
Aber es gibt nicht nur das Wendemanöver im Uferbereich, sondern auch im Freiwasser. Nicht selten schwimmen Hechte einem geblinkerten oder geschleppten Köder gleich mehrere Meter hinterher – ohne jedoch zuzupacken. In diesem Fall haben wir zwar die Neugier des Räubers geweckt, aber es ist uns noch nicht gelungen, den Verfolger zum Anbeissen zu bringen. Oft bedarf es nur einer winzigen Kleinigkeit, die den Reflex auslöst. Beim Schleppen ist es der kurze Ruck mit der Rute aus dem Unterarm, den ich in unregelmässigen Abständen ausführe, um den Wobbler aus seiner Bahn ausbrechen zu lassen. Beim Jiggen vom Ufer kann ich dies erreichen, indem ich statt eines hohen Sprungs mit langer Absinkphase alle paar Meter mehrere kleine, schnelle Hüpfer einstreue, bei denen der Weichköder ungebremst auf den Boden klatscht.
Alles andere als gewöhnlich
Es geht also um Abwechslung im Führungsstil – das kann man am besten mit Hilfe der Rute und der Rolle erreichen. Entweder man variiert das Tempo beim Einkurbeln durch langsames und schnelles Drehen oder durch ein «Stop-and-Go». Am besten kann man seine Köderpräsentation aber mit der Rute selbst verändern, denn mit einem starken Ziehen, kräftigen Rucken oder sanften Schlagen bringe ich den Köder aus seinem Trott und mache ihn erst richtig fängig. Alles ist erlaubt, solange der Köder genau das tut, was wir von ihm wollen, nämlich sich aussergewöhnlich zu bewegen.?
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