


01 | 11 | 2020 | Schweiz | Praxis | ![]() | ![]() |
01 | 11 | 2020 | Schweiz | Praxis |
![]() ![]() |
Wenn am Morgen die Nebelschwaden über dem leise murmelnden Wasser wallen wie Dampf über einem Kessel mit Zaubertrank, wenn ab und zu ein farbiges Blatt vorbeitreibt, dann beginnt die magische Zeit an den grossen Flüssen im Mittelland.
Wie im See zieht sich auch hier ein Teil der Fische zurück in die tiefsten Läufe und Löcher. Dichte Schwärme von Weissfischen wie Alet, Hasel, Rotaugen, Schneider, Gründlinge oder Läugel, aber auch kleine Egli versammeln sich in ruhigen Bereichen. Beispielsweise unterhalb von Wehren oder in Hinterwassern, um hier zu überwintern. Im Gegensatz zum See sind diese Rückzugsorte einfacher zu finden und in der Regel auch einfacher zu befischen. Alle Flussräuber nutzen diese Protein-Oasen: Hechte, Zander, Egli, Alet und grosse Barben. Immer mehr Welse, dafür immer weniger Trüschen. Der eine Bartelträger schätzt die Erwärmung der Flüsse, den anderen stressen sie.
Im Herbst bleiben die grossen Seen oft verblüffend lange sommerlich warm, denn Wasser ist ein vorzüglicher Wärmespeicher. Doch irgendwann wird Petrus müde. Die Sonne steigt nicht mehr so hoch in den Himmel, die Tage werden kürzer, arktische Luftmassen verirren sich nach Mitteleuropa, und eines Abends sollte man wirklich die Topfpflanzen reinnehmen. Wenn das Wasser an der Oberfläche abkühlt, wird es schwerer und die Sprungschicht wird von der sogenannten Herbstzirkulation aufgelöst. Im November verändern sich die Lebensbedingungen in den meisten Gewässern drastisch: Wasserpflanzen sterben ab, das Planktonangebot wird mager und viele Fische ziehen sich in tiefere Schichten zurück. Auf zehn, zwanzig, dreissig Meter.
Jetzt beginnt die hohe Zeit des vertikalen Fischens. Dafür braucht man nicht unbedingt ein Boot, auch auf Steg- und Hafenanlagen findet man attraktive Möglichkeiten. Man ist dort selten allein, aber mit offenen Augen kann man von all den Kollegen auch viel lernen. Mit Drop-Shot, Jig oder Blade Baits gehts auf Hecht, Egli und Zander, mit dem beköderten Jucker auf Trüschen. Für einmal macht es Sinn, sich tiefe
Ziele zu stecken …
Kies besteht nach Deutscher Industrienorm (DIN) aus gerundeten Gesteinskörnern mit einem Durchmesser zwischen
2 und 63 Millimetern. Kies ist zudem überlebenswichtig für eine ganze Reihe von einheimischen Fischen. Sie nutzen ihn als Nestmaterial, Schutz und Tarnung für ihren Nachwuchs. Forellen beispielsweise säubern jetzt im Herbst einen Flecken Bachgrund und graben mit vollem Körpereinsatz eine Vertiefung, über der sie sich innig paaren. Dann wird das Gelege mit Kies zugedeckt und seinem Schicksal überlassen. Felchen sind da vertrauensseliger. Sie wählen in den nächsten Wochen zwar Laichplätze mit geeignetem Grund, doch das wars dann mit elterlicher Fürsorge. Bei ihren wimmelnden Orgien sinken die Eier ziemlich zufällig zum Grund.
Die «Grundidee» ist bei allen Kieslaichern dieselbe: Zwischen den Steinchen und Steinen reifen die Eier geschützt und mit Sauerstoff ausreichend versorgt heran. Die Jungfische schlüpfen im Gewässergrund und bleiben in Deckung, bis der Dottersack aufgebraucht ist. Das war eine geniale Strategie, bis der Mensch begann die Gewässer zu verändern. In Schweizer Flüssen blockieren unzählige Wehrdämme den Geschiebetransport, in überdüngten Seen ist der Kiesgrund veralgt und verschlammt. Mit fatalen Folgen. Kies ist viel mehr als bloss kleine Steine.
Wenn sich ein Werbeslogan zur Lebensweisheit aufschwingt, dann muss man dem Erfinder eine gewisse Genialität zugestehen. Im November beginnt die Hochsaison des geflügelten Unworts: «Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur hö, hö, hö …»
Dank der wasserdichten, atmungsaktiven Ausstattung bleiben heutzutage sämtliche Glieder garantiert trocken und kuschlig warm. Und ergo gibt es keinen vernünftigen Grund mehr, keine Lust aufs Fischen zu haben. Wer bei Morgenfrost oder Schneeregen nicht den geduldigen Petrijünger mimen mag, der ist entweder schlecht ausgerüstet oder kein richtiger Fischer …
Erfahrungsgemäss erlahmt der Enthusiasmus rasch bei giftiger Bise, im Dauerregen und mit kalten, nassen Fingern. Vor allem die Hände sind ein Schwachpunkt, denn fischen mit Handschuhen können nur Prinzessinnen und Guidingkunden.
Zum Knoten knüpfen, Köder wechseln oder Fische abhaken braucht man Fingerspitzengefühl. Ein weiser Petrijünger weiss nach einigen Novembern, wann es trotz dichter Regenjacke Zeit ist heimzugehen, um die Freude am schönsten Zeitvertreib der Welt nicht unnötig zu strapazieren. Daheim in der geheizten Stube warten zum Jahresende genügend reizvolle Zerstreuungen: Die Gerätebox ausmisten, Haken auswechseln, Rollen ölen, Fliegen binden und vom verflossenen Sommer träumen.
Keine Kommentare (Kommentare erscheinen erst nach unserer Freigabe)